Ich möchte mit einigen vielleicht etwas pathetisch wirkenden Thesen beginnen:
„Der Fußgänger hat das Recht, in einer gesunden Umwelt zu leben und die öffentlichen Straßen und Plätze zu angemessenen Bedingungen für die Sicherheit seiner körperlichen und seelischen Gesundheit frei zu benutzen.
Der Fußgänger hat das Recht, in Stadt- und Dorfzentren zu leben, die menschen- und nicht autogerecht gestaltet sind und über Einrichtungen zu verfügen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad leicht erreichbar sind.
Der Fußgänger hat Anrecht auf möglichst ausgedehnte städtische Zonen, die ganz auf seine Bedürfnisse abgestellt sind und nicht bloße ‚Fußgängerinseln’ darstellen ... und er hat Anspruch auf kurze, logische und sichere Wege, die miteinander verbunden und ihm allein vorbehalten sind.“
Diese Sätze stammen nicht etwa aus einem Grundsatzpapier von FUSS e.V., sondern aus einem Beschluss des Europäischen Parlaments vom 12. Oktober 1988. Dieser Beschluss gehört leider zu den weniger bekannten Beschlüssen des Europäischen Parlaments, und bis zu seiner Umsetzung ist es sicherlich noch ein weiter Weg.
Das Bundesumweltministerium hat an einer Stärkung des Fußgängerverkehrs ein außerordentliches Interesse. Eines unserer großen Anliegen neben den klassischen Themen Schadstoffverringerung und Senkung von Lärmbelastungen ist die Einsparung von Klimagasen und vor allen Dingen von CO2. Im Verkehrsbereich ist dies ein besonderes Problem, weil die CO2-Emissionen im Verkehr immer weiter anwachsen und es bisher nicht gelungen ist, diesen Trend umzukehren. Durch einen Ausbau des Fahrrad- und Fußgängerverkehrs ist sicherlich am schnellsten und mit dem geringsten finanziellen Aufwand ein wesentlicher Beitrag zur CO2-Einsparung im Verkehr möglich. 50 % aller Autofahrten finden in einer Entfernung unter 5 km statt. Es liegt nahe, hier auf eine stärkere Nutzung des Fahrrads und der eigenen Füße zu orientieren.
Beim Fahrradverkehr sind wir mit den Arbeiten am Masterplan Fahrrad auf einem vielversprechenden Weg. Beim Fußgängerverkehr hingegen stehen wir eher am Anfang einer neuen Initiative.
FUSS e.V. hat durch seine Arbeit in den vergangenen Jahren für eine solche Initiative wesentliche Voraussetzungen geschaffen. Zunächst einmal kam und kommt es darauf an, das Thema Fußgängerverkehr systematisch in der Fachdiskussion zu implementieren und dafür zu sorgen, dass der Fußgängerverkehr als Verkehrsträger überhaupt ernst genommen und zum Thema gemacht wird. Tatsächlich hat es seitens der Bundesregierung in den letzten Jahren bereits einige interessante Studien und Initiativen zu diesem Bereich gegeben. Schon im Jahre 1995 hat das Bundesverkehrsministerium eine Untersuchung „Fußverkehr im Umweltverbund„ am Beispiel der Landeshauptstadt München veröffentlicht. Im Sommer 2000 gab das UBA einen Leitfaden für die kommunale Praxis „Förderung des Rad- und Fußverkehrs„ heraus. Das Ministerium für Bildung und Forschung stellte im Juli 2001 eine Expertise „Fahrrad- und Fußgängerverkehr„ vor, in der insbesondere ein sehr guter Überblick über den Stand der Forschung und die vorhandenen Forschungs- und Kenntnislücken enthalten ist. Aktuell betreibt das Umweltbundesamt ein Modellvorhaben „Fußgänger- und fahrradfreundliche Stadt„ angelegt für die Jahre 2000 – 2003 gemeinsam mit den Städten Plauen, Lingen und Lutherstadt Wittenberg.
Denkt man über Forschungsprojekte und Modellvorhaben hinaus, stellt sich allerdings die Frage: Was kann die Bundesregierung eigentlich tun?
Fußgängerverkehr ist offensichtlich eine kommunale Kernaufgabe. Vor Ort in den Städten und Gemeinden wird der Straßenraum konkret gestaltet und damit entschieden, ob sich Fußgängerinnen und Fußgänger dort wohlfühlen oder nicht. Die Landesregierungen haben über die Verkehrsbehörden und über ihre Förderprogramme darauf einen gewissen Einfluss, die Bundesregierung kann sich dort administrativ im Grunde gar nicht einmischen und sollte das meines Erachtens im Grundsatz klugerweise auch nicht tun. Eingriff in die kommunale Autonomie wird nicht gern gesehen und wirkt eher kontraproduktiv.
Bei näherem Hinsehen stellt man aber fest, dass es doch eine ganze Reihe Möglichkeiten für die Bundesregierung und die Bundesebene gibt, in diesem Bereich Positives beizutragen. Das beginnt damit, dass man durch Empfehlungen und das Befördern überordentlicher Trends Orientierungen bei den Landes- und Kommunalbehörden auslösen und unterstützen kann, etwa durch Einflussnahme auf die Fachdebatte, durch entsprechende Initiativen und Impulse innerhalb oder gegenüber der FGSV, in der sich ja dankenswerter Weise schon heute eine spezielle Arbeitsgruppe dem Thema Fußgängerverkehr widmet.
Soweit schön und gut, aber was kann die Bundesregierung denn nun konkret tun?
Dafür möchte ich beispielhaft fünf Punkte nennen:
1. Zu den Überlegungen zur Siedlungs-, Struktur- und Stadtentwicklung, bei der Debatte über die Gestaltung des öffentlichen Raumes, bei der ganzen Diskussion über Verkehrsvermeidung können wir sicherlich auch eine Menge für den Fußgängerverkehr tun. Denn Verkehrsvermeidung bedeutet in vielen Fällen überhaupt nicht wirklich Vermeidung von Verkehr, sondern Verringerung von Entfernungen und Wechsel des Verkehrsmittels. Bei Verkehrsvermeidung geht es in Wirklichkeit oft darum, dass Dinge, die mit dem Auto erledigt werden oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß bewältigt werden.
2. Der Weg zum Arbeitsplatz: Ich selber genieße im Augenblick ein unglaubliches Privileg: Ich kann zu Fuß zu meinem Arbeitsplatz im Ministerium gehen. Es ist das erste Mal seit meiner Volksschulzeit und ich kann sagen, es ist ganz wunderbar, das ist ein enormer Gewinn an Lebensqualität. Es ist reizvoll und sollte reizvoll sein, nah am Arbeitsplatz zu wohnen. Wirtschaftlich ist es gegenwärtig nicht. Würde ich statt am Alexanderplatz hier in Spandau wohnen und jeden Tag sei es mit dem Auto, sei es mit dem Regionalexpress zur Arbeit fahren, würde sich mein Netto-Einkommen deutlich erhöhen wegen der steuerlichen Entfernungspauschale. Es war ein wichtiger Schritt, die Entfernungspauschale für die Benutzer aller Verkehrsmittel anzugleichen und damit die Privilegierung des Autoverkehrs zu beenden, trotzdem ist die Entfernungspauschale aber ein Instrument, Zersiedlung und lange Wege zu fördern und zu unterstützen. Wir sollten im Gegenteil über Möglichkeiten nachdenken, Nähe zu fördern statt Entfernung.
3. Verkehrssicherheit: Die Automobilindustrie unternimmt bekanntlich große Anstrengungen, die Sicherheit für Insassen ihrer Fahrzeuge zu verbessern. Das ist auch gut so. Aber es wäre sicherlich noch besser, wenn man sich auch über die Sicherheit der Leute Sorgen machen würde, die mit den Fahrzeugen kollidieren bzw. von ihnen auf den Kühler genommen werden. Technische Anforderungen zum Schutz bei Kollisionen – da ist noch viel zu tun. Im Moment sind wir offenbar nicht einmal in der Lage, die schlimmsten Auswüchse zu unterbinden, die in Form von Abweisebügeln an geländegängig wirkenden Fahrzeugen installiert werden und von denen man weiß, dass sie die Schwere von Unfällen, die Verletzungs- und Tötungsgefahr drastisch erhöhen. Wir können das nicht unterbinden, weil das ein Eingriff in den Binnenmarkt wäre und es da einer europäischen Regelung bedarf, die wir noch nicht haben - eine im höchsten Grade unbefriedigende Situation. Solche europäischen Regelungen müssen wir herbeiführen und parallel und im Vorfeld bereits das Gespräch mit Herstellern und Händlern suchen, um die Verbreitung solcher Mordinstrumente auf freiwilliger Basis möglichst weitgehend einzuschränken. Mindestens genauso wichtig ist aber die aktive Sicherheit, die Verkehrserziehung inklusive der Ausbildung in den Fahrschulen. Hier kommt es darauf an, Respekt vor schwächeren Verkehrsteilnehmern und eine zurückhaltende Fahrweise zu erreichen. Dazu gehört es auch, dass Tempolimits tatsächlich durchgesetzt werden. Auch für diese Notwendigkeit fehlt es vielerorts noch an Bewusstsein und der Bund kann im Rahmen seiner Tätigkeit dort manches beeinflussen, wenn er es denn wirklich will.
4. Schließlich könnte der Bund eine allgemeine Aufwertung des Verkehrssystems Fußgängerverkehr vornehmen. Es ist doch sicher eine Überlegung wert, ob wir, wenn die Arbeiten am Masterplan Fahrrad abgeschlossen sind und wir damit erste Umsetzungserfahrungen gemacht haben, dann einen Masterplan Fußverkehr in Angriff nehmen, in dem wir das, was der Bund an Möglichkeiten hat, zusammenstellen und entwickeln und es verbinden mit Debatten, Beiträgen und Empfehlungen für die anderen staatlichen Ebenen, für die Wirtschaft und die breite Öffentlichkeit.
5. Ich habe mit dem Europäischen Parlament begonnen und möchte mit ihm enden. Wie wir am 22.09. den europaweiten Aktionstag in die Stadt ohne mein Auto begehen, so könnte man sich vorstellen, dass man den denkwürdigen Jahrestag, an dem das Europäische Parlament die „Europäische Charta der Fußgänger„ beschlossen hat, nämlich den 12. Oktober, zum Fußgängertag erklärt – sei es in Deutschland, sei es gleich auf europäischer Ebene. Eine entsprechende Aufforderung, einen „Europatag für die Rechte des Fußgängers durchzuführen“, hat das Parlament in seinem damaligen Beschluss bereits an die europäische Kommission gerichtet. Ich bin aber nicht sicher, ob und wie er umgesetzt worden ist. Es würde nahe liegen, diesen Impuls aufzugreifen. Bei aller Begrenztheit der Wirkung solcher symbolischen und Aktionstage: einen nennenswerten Beitrag zur Fortentwicklung der Debatte und des Bewusstseins können sie allemal leisten.
Dies sind einige der Überlegungen, die wir im Bundesumweltministerium zum Thema Fußverkehr anstellen. Wir hoffen, dass diese Tagung zahlreiche Impulse hervorbringen wird, die die Diskussionen weiter vorantreiben und uns gemeinsam Kraft geben auf dem Weg zu einem insgesamt nachhaltigen Verkehrssystem, in dem die umweltfreundlichsten Verkehrsarten ganz selbstverständlich eine zentrale Rolle spielen sollten.
Dieser Beitrag von Reinhard Kaiser, damaliger Leiter des Arbeitsstabes Verkehr und Umwelt im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, erschien als Eröffnungsrede zum 1. FUSS-Botschaftertreffen am 12.10.2001 in Berlin in der Dokumentation: Fußverkehr im Umweltverbund – 30 Beiträge vom 1. FUSS-Botschaftertreffen, FUSS e.V. (Hrsg.), Berlin 2002
Die Veröffentlichung „Fußverkehr im Umweltverbund“ ist bei uns für 10,00 Euro zzgl. Porto zu beziehen. Sie können Sie in unserem Online-Shop in der Rubrik Broschüren > Fußverkehr-Allgemein bestellen.
FUSS e.V. hat über den Deutschen Städtetag drei Stadtverwaltungen diese Frage vorgelegt und folgende Antworten erhalten:
Die folgenden Anmerkungen stammen aus Erfahrungen und sind nicht als offizielle Stellungnahme der Stadt Augsburg zu verstehen, obgleich die Maßnahmen sinngemäß Bestandteil des VEP sind.
Die Unterschätzung des Fußgängerverkehrs ist zunächst ein gesellschaftliches Problem:
Hieraus ergeben sich planerische Notwendigkeiten, die im Wesentlichen auch in vielen Richtlinien und Verkehrsentwicklungsplänen nachzulesen sind:
hierzu:
Für Sonderaufgaben (z.B. Verbindung von zwei Teilen eines Messegeländes...) entsprechend den dort herrschenden besonderen Anforderungen.
Sehr wichtig ist die finanzielle Ausstattung, um Maßnahmen im bestehenden Netz durchführen zu können. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit einfachen Maßnahmen aus Recyclingkunststoff.
Ohne gesellschaftliche Änderungen sind nur punktuelle Erfolge zu erzielen (so wird z.B. eine Wegachse sicherer, eine Geschäftsstraße für den fußläufigen Kunden attraktiver, was sich sehr auf das Geschäftsniveau auswirkt...). Diese Erfolge zeigen aber, dass der Fußverkehr unterschätzt wird.
In Städten mit großen Straßenräumen (Berlin-Wedding..) sind Maßnahmen einfacher durch Beitrag- und umzusetzen, als in Städten mit engen Straßenräumen, wie Augsburg (eine wichtige Stadtteilachse hat eine Breite von nur 15 m...). Hierauf sollte verstärkt hingewiesen werden, da von Bürgern oft Beispiele aus anderen Städten mit genügend Straßenraum als Vergleich herangezogen werden.
Wenn die Maßnahmen zu sehr in den MIV eingreifen werden sehr massive subjektive Widerstände laut, da sich Autofahrer in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen. Oft sind sie verbal auszuräumen, in anderen Fällen durch geringe Korrektur.
Gerne greifen wir die Anregung auf, uns zum Fußgängerverkehr und dessen Fördermöglichkeiten sowie Potenziale zur besseren Einbindung in den Umweltverbund zu äußern. Die nachfolgenden Gedanken und Anregungen wurden in Form eines ,,Brainstorming" gesammelt und werden hier in gleicher Weise in kurzen Sätzen wieder gegeben.
„Fußgängerrichtlinie“: Synonym zur Richtlinie für die funktionale Gliederung von Straßen (RAS-N) ist eine Richtlinie zur Klassifizierung von Fußwegverbindungen erforderlich, denen entsprechende Qualitätsanforderungen zuzuweisen sind (Schwankungsbreite: hochBeitragfreBeitragquenBeitragtierter Fußgängerbereich... untergeordneter Verbindungsweg... Trampelpfad)
Erarbeitung einer Berechnungsgrundlage für Fußgängeraufkommen in Abhängigkeit von Quell- und Zielgebieten, aus denen eine entsprechende Qualität (Breite) an Fußwegverbindung abzuleiten ist; hier sind Schwankungsbreiten anzugeben, um auf die spezifischen Örtlichkeiten und Anforderungen eingehen zu können.
Gehwegbreite: bei der Festsetzung der Gehwegbreiten bei Neuplanungen muss die tatsächlich nutzbare Breite entscheidend sein, da feste und mobile Einbauten die Gesamtbreite häufig einschränken; d.h. sämtliche Einbauten sind im Vorfeld zu koordinieren; bei Gehwegneubau ist unter Beachtung der geplanten Einbauten auf die erforderliche Nettobreite zu achten, die sich aus der o.g. erforderlichen Richtlinie ergeben soll; zu berücksichtigen sind dabei auch gemeinsame Geh-/ Radwege, deren erforderlichen Breiten maßgeblich von der Nutzungsintensität abhängen.
Hier ist auf die besondere Problematik der (Un-)Verträglichkeit von Rad- und Fußverkehr in Fußgängerbereichen hinzuweisen; die jeweiligen Bedürfnisse und Sicherheitsansprüche sind für eine gemeinsame Führung weitgehend in Einklang zu bringen; anderenfalls sind attraktive Alternativstrecken anzubieten.
Bei beengten räumlichen Verhältnissen (Innenstadt, Ortsdurchfahrten in Ortslagen) sind die Belange von Fahr- und Fußgängerverkehr gegeneinander abzuwägen; die häufig zu beobachtende einseitige Bevorzugung der Fahrbahn gegenüber dem GehBeitragweg (durchgehende Breite bei der Fahrbahn, verbleibende Restflächen für den GehBeitragweg) ist sehr kritisch zu betrachten.
Baustellensicherung: bei Baustellen ist bzgl. der lückenlosen Fußgängerführung auf Beschilderung, Sicherung, ausreichende Breiten, Wegebefestigung und Bordabsenkungen zu achten.
Querung von Hauptverkehrsstraßen: generell sind nur noch niveaugleiche Querungen vorzusehen; Grünzeiten für Fußgänger sind auf eingeschränkt mobile Fußgänger (Kinder, Senioren, Behinderte) anzupassen; Wartezeiten sind häufig zu lang und provozieren dadurch Querungen bei „Rot" oder an ungesicherten Stellen; bei mehrstreifigen Fahrbahnen sind die Fußgängerquerungen in einem Zug (ohne Zwischenstopp auf der Mittelinsel) zu ermöglichen; die Berechnung der Grün- und Wartezeiten ist in Abhängigkeit zu den Klassifizierungsstufen der Wegeverbindungen zu betrachten (bei Fußgängerhauptachsen sind die Wartezeiten zu minimieren und die Grünzeiten großzügig zu berechnen); bei der Planung von Kreisverkehren sind die erforderlichen Umwege für die Fußgänger in die Betrachtung einzubeziehen.
Illegales Parken auf Gehwegen: hier sind praktikable Lösungen gefragt, die effektiv und ohne viel Aufwand umgesetzt werden können.
Trassenplanung: Gehwegführungen müssen die tatsächlichen Wege der Fußgänger nachbilden, um Abkürzungen (Trampelpfade) z.B. über GrünBeitragflächen zu vermeiden.
Oberflächenbeschaffenheit: eine ,,Fußgängerrichtlinie" sollte auch auf die Oberflächenbeschaffenheit von Gehwegen eingehen (Beschreibung geeigneter Materialien), gerade in den Altstädten sind häufig „mittelalterliche" Pflaster, die der örtlichen Situation entsprechen sollen, vorzufinden, die aber nur schwerlich begehbar und mit Rollstühlen und Kinderwagen schlecht befahrbar sind; hier sind Kompromisse erforderlich.
Qualität der Gehwege: darunter fällt auch ausreichende Beleuchtung, regelmäßige Reinigung und Winterdienst.
Bordabsenkungen: generell sind an allen Knotenpunkten und Querungsstellen Bordabsenkungen vorzusehen (3 cm)
Niveaugleiche Führungen: auf Treppen in Gehwegen ist weitgehend zu verzichten, alternativ sind Rampen (max. 6%) für Kinderwagen und Rollstühle auszubilden.
Übergangsstellen zum ÖPNV: sind attraktiv auszubilden (z.B. zielnahe Haltestellenanordnung, niederflurgerechte Haltestellen).
Umfeldgestaltung: die Attraktivität des Zu-Fuß-Gehens hängt auch entscheidend von der Qualität des Sichtumfeldes ab.
Kontrollmechanismus: zur Unterbindung von illegalen Nutzungen auf Gehwegen, die die nutzbaren Breiten einschränken oder die Oberfläche beschädigen können, ist ein wirksamer Kontrollmechanismus zu entwickeln.
Die gesammelten Gedanken und Anregungen spiegeln die Probleme aus der täglichen Arbeit wider. Wir hoffen mit diesen knappen Punkten Anregungen für die notwendigen Diskussionen im Rahmen der Veranstaltung ,,Fußverkehr im Umweltverbund" gegeben zu haben.
Gerne kommen wir Ihrer Aufforderung nach, die beiden folgenden Fragen zu beantworten:
1. Was ist in Deutschland notwendigg um den Fußverkehr zu fördern?
1.1 Änderungsbedarf der StVO, die die Belange des nichtmotorisierten Verkehrs stärker in den Vordergrund rückt.
Anlehnend an den Monatsbericht des Forschungsbereichs Verkehr vom März 1997 „ÄnBeitragderungsbedarf der StVO und VwV StVO aus Sicht des Fußverkehrs“ werden aus der Sicht des Planungsreferates der Landeshauptstadt München folgende Forderungen unterstützt:
1.2 Der Fußverkehr ist auch durch entsprechende Marketingmaßnahmen zu fördern. Spezielle Stadtpläne für Fußgänger können z.B. helfen, das Zufußgehen (wieder) bekannt und attraktiv zu machen. Eine Fußgängerkarte, wie es sie z.B. in Esslingen gibt und auch in München zur Zeit in Bearbeitung ist, fördert das Zufußgehen in der Stadt.
2. Wie ist der Fußverkehr besser in den Umweltverbund einzubinden?
2.1 Ein Ziel des Verkehrsentwicklungsplanes (VEP) München, der zur Zeit als Vorentwurf vorliegt, ist die deutliche Verschiebung des MIV-Anteils zugunsten des Umweltverbundes, das heißt des ÖPNV, Rad- und Fußverkehrs. Durch quantitative und qualitative Verbesserungen der Geh- und Radwegenetze soll der Radverkehrsanteil langfristig auf 15-20% (heute ca. 13%) und der Fußverkehrsanteil auf 20-25% (heute ca. 22%) erhöht bzw. gehalten werden.
Dieses Ziel wird auch in der zur Zeit in Bearbeitung befindlichen Fortschreibung des VEP verfolgt. In Form von Szenarien soll ermittelt werden, durch welche Maßnahmen der FußBeitragverkehrsanteil erhöht werden kann. Dabei ist an untenstehende Maßnahmen gedacht, die zum Teil in folgenden Beschlüssen enthalten sind:
Maßnahmen:
2.2 Darüber hinaus ist im Rahmen des sogenannten Münchner Bündnisses für Ökologie vorgesehen, unter breiter Beteiligung gesellschaftlicher Akteure einer ökologischen und nachhaltigen Stadtentwicklung neuen Schub zu verleihen. Dabei sollen insgesamt 10 Leitprojekte realisiert werden, die zum Teil den Umweltverbund unmittelbar fördern sollen. Für den Fußverkehr sind dabei insbesondere die Leitprojekte 2 „Umsteigen in den UmBeitragweltverbund“, und 9.1 „Fußgängerstadtplan“ von Bedeutung, die von Verkehrs- und UmBeitragweltverbänden initiiert und bearbeitet werden.
Das Planungsreferat hat auf Seiten der Verwaltung die Federführung bei den Leitprojekten 2 und 9.1. Konkret beinhalten diese Projekte z.B. Vorschläge zur Förderung von CarSharing und die Schaffung einer fahrradfreundlichen Innenstadt. Aber auch das ZuBeitragfußgehen ist in beiden Leitprojekten Gegenstand der Untersuchung:
Im Rahmen des Leitprojektes 2 sollen im Teilprojekt „StadtvierteIkonzept Nahmobilität“ das Zufußgehen, Skaten und Radfahren mit Betroffenen erörtert und Maßnahmen zur Verbesserung entwickelt werden.
In engerem Zusammenhang hierzu steht das Leitprojekt 9.1, welches die Erstellung einer Fußgängerkarte vorsieht. In Esslingen wurde dieses Projekt bereits erfolgreich durchgeBeitragführt und soll nun nach dem gleichen Prinzip als Pilotprojekt für einen Stadtteil in München praktiziert werden.
Dieser Fachartikel ist in der Dokumentation: Fußverkehr im Umweltverbund – 30 Beiträge vom 1. FUSS-Botschaftertreffen am 12.10.2001 in Berlin, FUSS e.V. (Hrsg.), Berlin 2002 erschienen.
Die Veröffentlichung „Fußverkehr im Umweltverbund“ ist bei uns für 10,00 Euro zzgl. Porto zu beziehen. Sie können Sie in unserem Online-Shop in der Rubrik Broschüren > Fußverkehr-Allgemein bestellen.
Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich auf eine Analyse des Rad- und Fußverkehrs in kleineren und mittleren Kommunen und den daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen auf den unterschiedlichsten Akteursebenen.(1) Schwerpunkt der Betrachtungen ist hier der Fußverkehr, wenngleich im Hinblick auf den Titel des Symposiums „Fußverkehr im Umweltverbund„ der Radverkehr und der öffentliche Verkehr aus systhemischer Sichtweise ebenfalls berücksichtigt werden.
Der Fußverkehr hat in allen Entscheidungs- und Handlungsebenen im Vergleich - beispielsweise zum Radverkehr - einen geringen Stellenwert und benötigt daher eine besondere Unterstützung, um seine abnehmenden Anteile am modal-split zu stabilisieren. Hierbei bedarf es insbesondere einer Sensibilisierung für die Anforderungen des Fußverkehrs, dies betrifft alle Akteursebenen. Die Kommunen sind im Rahmen Fußverkehrsförderung für die Umsetzung verantwortlich, während die Rahmenbedingungen durch den Bund und die Länder bestimmt werden.
Positive Effekte für die Förderung des Fußverkehrs können dann erwartet werden, wenn alle Zuständigen sich in den jeweiligen Handlungsfeldern engagieren. Daneben ist es wichtig, dass die unterschiedlichen Akteure ihr Vorgehen abstimmen und kooperieren, um den Mitteleinsatz möglichst effizient zu gestalten und Synergie-Effekte zu erzielen. Schlüsselaufgaben, die akteursübergreifend zu bearbeiten sind, sind demnach: die Öffentlichkeitsarbeit, der Wissenstransfer und der Einsatz von Beauftragten. Grundvoraussetzung für die Umsetzung von Förderungsstrategien ist eine Systemsicht, die darauf zielt, unterschiedliche Förderansätze zu koordinieren, um positive Wechselwirkungen und größere Effekte zu erzielen und eine ausreichende finanzielle Ausstattung der jeweiligen Akteure.
StVO / VwV-StVO – Chancengleichheit für Fußverkehr. Die rechtlichen Regelungen der letzten StVO-Novelle führen zu Zielkonflikten mit dem Fußverkehr, weil dieser durch die Vorgabe von Mindeststandards für den Radverkehr weiter in die Position der Restgröße gedrängt wird. Um einen weiteren Rückgang des Fußverkehrsanteils zu stoppen, ist daher die Chancengleichheit auf rechtlicher Ebene wieder herzustellen.
Im Rahmen von Empfehlungen für Anlagen des Fußverkehrs bzw. analog zu den Regelungen für den Radverkehr in der StVO bzw. VwV-StVO sollten den planenden Verwaltungen durch den Bund und die Länder Hinweise gegeben werden, wie differenzierte Qualitätsstandards für die einzelnen Netzelemente des Fußverkehrs aussehen.
„Walk audit„ für vorhandene Richtlinien und Empfehlungen. Die Gestaltung der kommunalen Fußverkehrsanlagen wird maßgeblich durch die vorhandenen Richtlinien und Empfehlungen beeinflusst. Um eine konsequente Förderung des Fußgängerverkehrs zu betreiben, sollten die vorhandenen Richtlinien und Empfehlungen auf mögliche Widersprüche zwischen der Rad- und Fußverkehrsabwicklung überprüft und ggf. modifiziert werden.
Daneben sind auch Zielvorstellungen, die den motorisierten Verkehr als Beurteilungsgröße in den Vordergrund stellen, zu überprüfen. Es sollte weniger das Merkmal der Leistungsfähigkeit des motorisierten Verkehrs als vielmehr die Belange des Umweltverbundes herangezogen werden, um eine dauerhafte stadtverträgliche Verkehrsgestaltung zu erreichen.
Im Zusammenhang mit der Anwendung und Einführung von Richtlinien und Empfehlungen kommt den Ländern eine besondere Rolle zu. Durch Erlasse bzw. Einführungsschreiben sind den Akteuren vor Ort (Planung, Straßenverkehrsbehörden etc.) Hinweise zu geben, welche spezifischen Anwendungsspielräume für die Fragestellungen der Fußverkehrsförderung bestehen. Im Land Nordrhein-Westfalen werden mit den Bezirksregierungen Schulungen für interessierte Mitarbeiter aus den kommunalen Verwaltungen veranstaltet, um Fragen zu klären, die durch die Einführung neuer Rechtslagen entstehen, und Hinweise über Anwendungs- und Interpretationsspielräume zu geben.
Die inhaltliche Ausgestaltung des Mitteleinsatzes, den die Ländern vom Bund im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes erhalten, obliegt den jeweiligen Bundesländern. Der Bund sollte in den Fördertatbeständen den nicht motorisierten Verkehr stärker als bisher einbeziehen, um somit den Ländern und den Zuwendungsempfängern eine Förderung des nicht motorisierten Verkehrs zu ermöglichen. In Bezug auf den Fußverkehr bestehen erhebliche Defizite. Aufgrund der relativ, im Vergleich zum Kfz-Verkehr oder ÖPNV geringen Investitionserfordernisse im Fußverkehr sollten auch Maßnahmen für den eigenständigen Fußwegebau, die Wegweisung und die Verknüpfung zwischen Fußverkehr und ÖPNV - Zuwegung zu den Haltestellen - im Rahmen der Haltestellengestaltung in das GVFG aufgenommen werden.
Fußverkehrsförderung scheitert häufig an der unzureichenden finanziellen kommunalen Situation. Daher sind die finanziellen Mittel zu erhöhen. Während beispielsweise Mittel für den Bau von Radverkehrsanlagen vielfach in Zusammenhang mit Straßenbaumaßnahmen in einem gewissen Umfang zur Verfügung gestellt werden, fehlen für den Fußverkehr und die Durchführung weitergehender Förderungsansätze (weiche Maßnahmen etc.) die erforderlichen Mittel. Die Länder sollten daher die Mittel aus vorhandenen Programmen (Straßenbau, ÖPNV-Förderung, Verkehrsberuhigung, Wohnumfeldverbesserung, Stadterneuerung etc.) für eine Förderung des nicht motorisierten Verkehrs bündeln und aufstocken. Weiterhin können die vorhandenen Programme unter den Maßstäben einer systematischen Fußverkehrsförderung überprüft und ggf. modifiziert werden.
Daneben sollte der Bund ein Handlungsprogramm zur Förderung des Fußverkehrs auflegen, dass durch entsprechende Mittelansätze geeignet ist, Förderstrategien zu veranlassen und umzusetzen. Hier bietet sich insbesondere auch die Förderung von Modellprojekten an.
Die unterschiedlichen Möglichkeiten, die zur finanziellen Förderung des Fußverkehrs vorhanden sind, sind insbesondere für kleine und mittlere Kommunen systematisch aufzubereiten und zu vermitteln. Darüber hinaus sollten die Länder eine finanzielle Förderung an Qualitätsstandards binden, um eine Gleichwertigkeit für die Umsetzung in den unterschiedlichen Kommunen zu erzielen und ein qualitativ hochwertiges Niveau zu erreichen. Weiterhin sollten auch weiche Maßnahmen (Öffentlichkeitsarbeit, Moderationen, Netzwerkbildung etc.) als Förderungstatbestände aufgenommen werden.
Neue Verteilungsschlüssel etablieren. Maßnahmen für die Fußverkehrsförderung sind in Relation zu Investitionen für den motorisierten oder den öffentlichen Verkehr kostengünstig. In den Investitionshaushalten der unterschiedlichen öffentlichen Akteure werden Finanzmittel in großem Umfang durch die kostenintensiven Maßnahmen für den motorisierten Verkehr bzw. den ÖPNV beansprucht; für Maßnahmen mit einem geringen Volumen fehlen vielfach die Mittel. Um den Fußverkehr zu stärken, sollten die öffentlichen Akteure in den Kommunen, Ländern und beim Bund eine veränderte Verteilung anstreben. Durch feste Prozentsätze oder eine Verteilung in Abhängigkeit von der verkehrsmittelbezogenen Bedeutung kann der Fußverkehr in größerem Umfang an den öffentlichen Haushaltsmitteln beteiligt werden. Ein derartiges Vorgehen kann zeitlich befristet erfolgen, bis ein definierter Qualitätszustand erreicht ist.
Im Zusammenhang mit einem Systemansatz in der Fußverkehrsförderung sind neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Akteuren (Erfahrungsaustausch, Projektentwicklung mit Dritten etc. ) zu entwickeln und ist die Kooperation zwischen den unterschiedlichen Akteuren zu erhöhen.
Öffentlichkeitsarbeit ist die zentrale Voraussetzung dafür, dass sich die Einstellungen der Verkehrsteilnehmer, Planenden und Entscheidungsträger gegenüber dem nicht motorisierten Verkehr und damit letztlich das praktische Verhalten verändern. Der Fußverkehr ist eine Restgröße in der Schaffung von Infrastruktur. Neue Nutzergruppen können nicht allein durch vorhandene Infrastruktur gewonnen werden, es sind parallel Maßnahmen erforderlich, die das Bewusstsein für eine nicht motorisierte Fortbewegung schaffen. Um eine Verhaltensänderung zu erreichen, sollte die Öffentlichkeitsarbeit darauf zielen, den Nutzen des Fußverkehrs als Gewinn zu vermarkten.
Öffentlichkeitsarbeit ist einerseits eine wichtige lokale Aufgabe, um auf der Ebene der Kommunen die vorhandenen Maßnahmen bekannt zu machen und die Nutzer-Potenziale zu aktivieren. Die Erfahrungen in Modellkommunen zeigen, dass der Öffentlichkeitsarbeit als Werbung für die kommunalen Maßnahmen und zur Verhaltensveränderung eine Schlüsselposition zukommt.
Öffentlichkeitsarbeit sollte aber auch auf übergeordneter Ebene stattfinden, um einen grundlegenden Klimawechsel gegenüber Fußverkehr zu erreichen. Bund und Länder sollten eine Stellvertreterrolle für die wenig vorhandene Lobby gegenüber dem Fußverkehr übernehmen. Die Werbung durch den Bund und die Länder sollte sowohl auf das eigene Handeln als auch an die Bevölkerung gerichtet sein. Die vorhandenen Ansätze zu Public-awareness-Kampagnen sind für den Fußverkehr entsprechend zu modifizieren, sie sollten ausgebaut und intensiviert werden.
Aus der Professionalität von Werbung in den unterschiedlichsten Bereichen des Alltags resultieren hohe Anforderungen für eine Öffentlichkeitsarbeit und Werbung zugunsten des Fußverkehrs. Dies erfordert Mittelansätze, die deutlich über das hinausgehen, was bisher durch die unterschiedlichen öffentlichen Akteure in diesem Bereich zur Verfügung gestellt wird. Durch eine kommunenübergreifende Zusammenarbeit im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit lassen sich Kosten reduzieren.
Austausch durch Netzwerke. Der Austausch von Erfahrungen, neuen Informationen und Ideen ist ein wesentlicher Ansatzpunkt, um kostengünstig Fußverkehr zu fördern. Insbesondere in kleinen und mittleren Kommunen mit einer geringen Verwaltungsgröße oder wenig Mitarbeitern können durch Netzwerke zusätzliche Ressourcen erschlossen und genutzt werden. Geeignete Handlungsebene ist die Region. Die häufig ähnlichen Rahmenbedingungen, die gemeinsamen Verwaltungszuständigkeiten auf übergeordneter Ebene und die räumliche Nähe erhöhen den Nutzen des Netzwerkes. Daher kommt den Ländern eine Schlüsselrolle für die Einführung bzw. Stabilisierung von Netzwerken zu. Dazu ist ggf. auch eine Sensibilisierung des potenziellen Teilnehmerkreises erforderlich. Ziel sollte es sein, ein sich selbst tragendes Netzwerk zu installieren. Die Länder sollten die Einführung durch die Bereitstellung von Koordinatoren, Moderatoren etc. unterstützen. Abhängig von den örtlichen Strukturen könnten die Bezirksregierungen als organisatorische Einheiten gewählt werden.
Wissens- und Innovationstransfer organisieren. Die Kenntnisse über den Fußverkehr, das Wissen über Förderungsansätze und –möglichkeiten sowie Erfahrungen über den Erfolg von Fördermaßnahmen sind auf viele Akteure verteilt. In kleinen und mittleren Kommunen sind aufgrund der geringeren Spezialisierung in den Verwaltungen die umfassenden Kenntnisse für die Förderung des nicht motorisierten Verkehrs nur teilweise vorhanden. Ein Wissensaustausch zwischen den unterschiedlichen Akteuren ist in vielen Fällen durch Zufälligkeiten geprägt, so dass zahlreiche Möglichkeiten der Förderung ungenutzt bleiben.
Den Ländern und dem Bund kommt im Bereich des Wissenstransfers eine besondere Rolle zu. Die Aufbereitung und Bündelung von Erkenntnissen zur Fußverkehrsförderung in allgemein zugänglichen Datenbanken sollte als eine wesentliche Aufgabe betrachtet werden. Fortbildungsmaßnahmen, Tagungen und Kongresse sind weitere Handlungsfelder, die durch die Länder und den Bund übernommen werden sollten, um das Wissen über die Möglichkeiten der Fußverkehrsförderung zu verbessern.
Forschungs- und Modellvorhaben des Bundes und der Länder sind darüber hinaus Ansatzpunkte, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Die Ergebnisse sollten öffentlichkeitswirksam aufbereitet und zielgruppenspezifisch publiziert werden.
Förderung durch Institutionalisierung. Fußverkehrsförderung erfordert ein querschnittsorientiertes Vorgehen. Dies ist regelmäßig mit vielfältigen Koordinations- und Abstimmungsaufgaben innerhalb und außerhalb der Verwaltung verbunden. Auf kommunaler Ebene haben sich Radverkehrs-Beauftragte als institutionalisierte Organisationsform für diese Aufgaben bewährt. Die positiven Erfahrungen sollten öffentlichkeitswirksam verbreitet werden, um weitere Kommunen zur Nachahmung anzuregen. Derartige Posten sollten auch für den Fußverkehr eingeführt werden, um die Randposition des Fußverkehrs in Planungen und Umsetzungen abzubauen. Im Rahmen von Verwaltungsverfahren sollten Beauftragte für den nicht motorisierten Verkehr als Träger öffentlicher Belange beteiligt oder ein anderer Abstimmungsnachweis erbracht werden.
Daten als Basis für Verkehrsmodelle und Evaluierungen. Die Datengrundlagen, die für den nicht motorisierten Verkehr zur Verfügung stehen und als Grundlage für Planungen und Entscheidungen herangezogen werden, sind vielfach unzureichend oder veraltet. Insbesondere in den kleinen und mittleren Kommunen sind Daten, die den modal-split etc. beschreiben nicht vorhanden. Dies führt dazu, dass der Anteil des nicht motorisierten Verkehrs durch die Planenden und Entscheidungsträger häufig systematisch unterschätzt wird.
Um Planungen zielgerichtet zu erstellen, sind als Voraussetzung verbesserte Datengrundlagen zu schaffen. Dies betrifft einerseits die unmittelbar verkehrsbezogenen Erhebungen (z.B. Belastungszählungen an Straßen, Knotenpunkten etc.) als auch angrenzende Datenaufnahmen (z.B. Befragungen in zentralen Geschäftsbereichen etc.). Eine Verbesserung der Datenbasis sollte sich auch auf die gebräuchlichen Verkehrsmodelle beziehen, die insbesondere denFußverkehr häufig nur unzureichend abdecken. Um die Wirkungsweise von Maßnahmen und Strategie-Ansätzen besser abschätzen zu können, sind regelmäßig problemspezifische Daten zu erheben. Die Verbesserung der Datengrundlagen betrifft alle Akteursebenen.
Wechselwirkungen stärker berücksichtigen. Die zunehmende Differenzierung von Nutzungen und die damit einher gehende Erweiterung von Aktionsbereichen schwächt den Fußverkehr. Auf gesamtörtlicher Ebene ist eine ausgewogene Siedlungsstruktur das Ziel, das viele kommunale Konzepte verfolgen. Leitbilder einer Stadt der kurzen Wege werden durch alle unterschiedlichen Planungsebenen verfolgt. Beispielsweise schafft die Zuordnung von neuen Siedlungsflächen zu bzw. die Verdichtung vorhandener Baulandausweisungen an attraktiven Haltepunkten des ÖPNV, vorzugsweise zu schienengebundenen Angeboten, Potenziale für eine umweltverträgliche Mobilität. Der Bund gestaltet im Rahmen der Raumordnung, in Beschlüssen der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO), durch Leitbilder, Forschungsvorhaben u.ä. die Rahmenbedingungen für die siedlungsstrukturelle Entwicklung mit. Die Länder können durch Wettbewerbe, Förderbestimmungen für den Wohnungsbau etc. ebenfalls mitgestaltend wirken. In den Kommunen werden durch Konzepte und Planungen die konkreten Bedingungen vor Ort bestimmt.
Mobilität im Nahbereich fördern. Die Möglichkeiten, im Nahbereich mobil zu sein, sind mittels Stadtteilentwicklungs- und Verkehrskonzepten durch die Kommunen zu verbessern. Dies betrifft einerseits die Lage und Verteilung von Zielen, andererseits aber auch die vorhandenen Umfeldnutzungen. Die Anforderungen des Fußverkehrs an die Gestaltung von Netzen und die Einbindung von Zielen in diese Netze sind auf der kleinteiligen Ebene von Quartieren entsprechend umzusetzen, um den Fußverkehr zu fördern. Dies betrifft z.B. die Zugänglichkeit von Haltestellen, ihre Lage in Relation zu den Wohnbereichen sowie die Zuordnung von Versorgungs- sowie Infrastruktureinrichtungen. Aktivitäten auf Stadtteilebene, beispielsweise im Rahmen der Schulwegesicherung, der lokalen Agenda 21 oder anderer örtlicher Initiativen (Einzelhandel, Gewerbetreibende etc.) bieten Anknüpfungspunkte für die Entwicklung kleinteiliger Konzeptionen.
Während der motorisierte Individualverkehr schon seit langem durch ein umfassendes Systemangebot gekennzeichnet ist, ist ein System Umweltverbund noch nicht vorhanden. Aus der Verknüpfung von Fuß- und Radverkehr mit den Angeboten des öffentlichen Verkehrs lässt sich ein System herstellen, dass gleichwertige Qualitäten bietet. Der Gedanke des Umweltverbundes dieser Verkehrsträger ist in der fachlichen Diskussion etabliert. Die verkehrsmittelspezifischen Vorteile sind zu nutzen: Fußverkehr findet auf vielen Wegen als Teilweg in Verbindung mit anderen Verkehrsmitteln statt, weil viele Wege den Einzugsbereich eines Fußgängers überschreiten.
Radverkehr wird bei alltäglichen Wegen, die weiter als 5 bis 10 km sind, vorrangig in Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln genutzt. Er hat darüber hinaus auch große Potenziale für Wegeentfernungen von 2 bis 5 km.
Öffentliche Verkehrsmittel sind auf effektive Haltestellenzubringer angewiesen, da die Haltestellen nicht beliebig dicht liegen können. Das Fahrrad erweitert den Einzugsbereich bei gleichem Zeitaufwand gegenüber dem Fußverkehr auf etwa das 15fache.
In der Systemverknüpfung können die drei Verkehrsmittel ihre Vorteile besonders gut ausspielen. Die heutigen Ansätze der Systemverknüpfung sind zu verbessern:
Es sind Programme aufzustellen, welche die fußläufige Haltestellen-Erreichbarkeit verbessern. Die Fußwege zu Haltestellen sind als direkte Wege, mit komfortablen Breiten und Oberflächen sowie ausreichender Beleuchtung zu gestalten. Lichtsignalanlagen an Haltestellen sollten so programmiert sein, dass Bus und Bahn auch für in letzter Sekunde heraneilende Fahrgäste erreichbar sind.
Auch für Fahrradnutzer ist die Erreichbarkeit der Haltestellen zu verbessern. Radrouten zu Haltestellen und Bahnhöfen sind in guter Qualität anzulegen und regelmäßig zu warten (Reinigung, Instandhaltung). Die Abstellanlagen sind nutzerfreundlich zu gestalten (direkter Zugang, leichte Bedienbarkeit, sicher, überdacht etc.). Die Fahrradmitnahme ist in allen öffentlichen Verkehrsmitteln und während der gesamten Betriebszeiten zu ermöglichen.
Die Leistungen des ÖPNV sollten stärker aufeinander abgestimmt und zu einem gemeinsamen Tarif nutzbar sein. Die Zuverlässigkeit ist erheblich zu verbessern. Produkte und ihre Bezeichnungen sollten für die Nutzer erkennbar gestaltet und bundeseinheitlich gehandhabt werden. Auch außerhalb von Ballungsräumen sind Leistungen anzubieten, die für einen Umstieg auf den Umweltverbund attraktiv sind. Die Qualitätsvorstellungen potenzieller Nutzer sollten den Maßstab bilden.
Das System Umweltverbund muss als Ganzes vermarktet werden. Das bedeutet, dass Informationen über Anschlusskomponenten zuverlässig, zeitlich flexibel und flächendeckend zu erhalten sein müssen.
Rad- und Fußverkehr sind umweltfreundlich. Noch größere Umweltentlastungen können sie unter heutigen siedlungsstrukturellen Voraussetzungen als Teil eines funktionierenden Systems Umweltverbund bewirken, weil dieses auch größere Wegeentfernungen abzudecken vermag. Es ist deshalb sinnvoll, dieses System als Ganzes weiter zu entwickeln.
Dieser Beitrag von Gernot Steinberg, Planersozietät, erschien in der Dokumentation: Fußverkehr im Umweltverbund – 30 Beiträge vom 1. FUSS-Botschaftertreffen am 12.10.2001 in Berlin, FUSS e.V. (Hrsg.), Berlin 2002
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Die Schweiz wird in Deutschland in Bezug auf die Verkehrspolitik manchmal idealisiert wahrge-nommen. Bezüglich des Fußverkehrs ist dies aber möglicherweise gerechtfertigt, denn die Förde-rung des Zufußgehens ist in der Schweiz - anders als bislang in Deutschland - auch auf der Ebene der Bundesverwaltung institutionell verankert. Eine Reihe der auf dieser Ebene verfolgten Ansätze sind auch auf Deutschland übertragbar, wie die Arbeitsergebnisse dieser Arbeitsgruppe zei-gen.
Eine Politik zu Gunsten des Fußverkehrs sollte durch Aktivitäten in verschiedenen Handlungsfel-dern abgesichert sein: von den gesetzlichen Grundlagen, über entsprechende Finanzierungsformen für Investitionen, Demonstrationsvorhaben und den Wissensaustausch bis hin zur Zusammenarbeit mit Fachverbänden. In der Schweiz engagiert sich der Bund über seine Bundesämter - vor allem das Bundesamt für Strassen - in mehreren dieser Handlungsfelder.
Das Engagement der Schweizer Bundesverwaltung im Fußverkehr ist nicht von kurzfristiger Na-tur, sondern hat eine über 10-jährige Geschichte. Bevor im Jahr 2000 der Bereich „Langsamverkehr“ in dem zum Verkehrs-, Umwelt- und Kommunikationsministerium gehörenden Bundesamt für Stra-ssen (ASTRA) eingerichtet wurde, waren einige Aktivitäten zu Gunsten des Fußverkehrs bereits vom Bundesamt für Umwelt unterstützt worden.
Mit der Einrichtung des Bereichs Langsamverkehr wurde die Basis dieser Tätigkeiten verbreitert: In diesem Bereich des ASTRA wurden fünf Personen mit den Themen Fußverkehr, Wandern, Skaten, Radverkehr, Radwandern und historische Verkehrswege betraut (vgl. www.langsamverkehr.ch). An-hand der Einwohnerzahl auf Deutschland hochgerechnet wären dies rund 50 Angestellte in einer deutschen Bundesanstalt.
Dieser Bereich schafft Grundlagen für die Berücksichtigung des Fußverkehrs in den Planungen des Bundes sowie der Kantone und Gemeinden und nimmt koordinative Aufgaben wahr. In einem engeren verkehrsplanerischen Sinne wird dem Fußverkehr eine Funktion bei der Erhöhung der Effizi-enz des Gesamtverkehrs beigemessen; in einem weiteren Sinne wird er als wichtiges Element einer nachhaltigen Mobilität verstanden.
Im Jahr 2001 wurden Grundlagen für ein „Leitbild Langsamverkehr“ erarbeitet, das die Strategie des Bundes in diesem Bereich abbilden sollte. Im gleichen Jahr wurde das Regime der „Begeg-nungszone“ in das Strassenverkehrsrecht eingeführt. Dabei handelt es sich um eine der deutschen Tempo-30-Zone vergleichbare Zonengeschwindigkeitsbeschränkung, die allerdings eine Beschrän-kung auf 20 km/h sowie ein Fußgängervortrittsrecht umfasst. Wesentliche Erfahrungen mit dieser Begegnungszone waren in der vom Bund geförderten Fußgänger- und Velomodellstadt Burgdorf gewonnen worden (vgl. Kritischer Literaturdienst Fußverkehr, Nr. 34/2003).
Die 2002 ausgerichtete Landesausstellung Expo.02 setzte schon bei der Anreise auf eine nach-haltige Mobilität: Die Ausstellungsorte waren sehr gut mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar und mit den Siedlungen durch attraktive Fußwege verknüpft. Damit wurde für andere große Events eine Benchmark für Langsamverkehrsinfrastrukturen und die Verknüpfung mit dem öffentlichen Verkehr gesetzt. So wurde in diesem Zusammenhang auch eine neue Beschilderung für Skatingrouten ein-geführt.
Der Entwurf des Leitbilds Langsamverkehr aus dem Jahr 2002 etablierte die Idee des Langsam-verkehrs (LV) als einer gleichberechtigten dritten Säule des Personenverkehrs neben dem öffentlichen Verkehr (ÖV) und dem motorisierten Individualverkehr (MIV).
Ein Meilenstein war im Jahr 2003 der Start des Projekts „SchweizMobil“. Dabei wurden die schon vorhandenen landesweiten Fahrradrouten („Veloland Schweiz“) um national bedeutsame Routen für das Wandern („Wanderland“), das Skaten („Skatingland“), Mountainbiken und Kanufahren („Kanu-land“) ergänzt. Diese neuen Routen wurden im Jahr 2008 eröffnet. Kennzeichen ist ihre systemati-sche Verknüpfung mit dem öffentlichen Personenverkehr und eine Vermarktung zusammen mit tou-ristischen Anbietern (vgl. Kritischer Literaturdienst Fußverkehr, Nr. 56/2008). Diese Angebote richten sich zum einen an Touristen, zum anderen aber auch an Einheimische, die ihr Land in Eintages- oder Mehrtagesetappen zu Fuß oder mit den anderen Verkehrsmitteln des Langsamverkehrs erkun-den wollen. Der Bund unterstützte dieses Vorhaben finanziell (www.schweizmobil.ch).
Ein Rückschlag erhielt die Fußverkehrspolitik im Jahr 2004 im Rahmen der Aufgabenverzichts-planung des Bundes, als der ASTRA-Bereich Langsamverkehr um eine Stelle auf 440 Stellenprozente gekürzt werden musste. Hinzu kam ein Rückzug des Energieeffizienz-Programms EnergieSchweiz aus der Förderung des Fuss- und Radverkehrs. Auch der „Aktionsplan Umwelt und Gesundheit“, der intersektoral Bewegung und Gesundheit verknüpfte, wurde nicht weiter verlängert.
Allerdings intensivierten sich 2005 die Diskussionen im Kontext der Agglomerationspolitik des Bundes zu Gunsten einer Förderung des Verkehrs in Agglomerationen. Der Bund nahm sich der Aufgabe an, Verkehrsinvestitionen in den Schweizer Agglomerationen (Ballungsräumen) erstmalig subsidiär zu unterstützen, wobei der Fuß- und Radverkehr als integraler Bestandteil angesehen wurde.
Das die Finanzierung regelnde Infrastrukturfondsgesetz wurde 2006 vom Parlament verab-schiedet. Darin wurde eine Programmfinanzierung von „Agglomerationsprogrammen Verkehr und Siedlung“ etabliert. Agglomerationen, die die in Form einer Co-Finanzierung gewährten Bundesmittel in Anspruch nehmen wollen, müssen ein Programm einreichen, dass eine integrierte Raum- und Verkehrsentwicklung mit dem Ziel der Innenentwicklung der Agglomerationen vorsieht. Investitionen in den Fuß- und Radverkehr sind eine der Voraussetzungen, die der Bund an die Mittelvergabe knüpft. Die Anforde-rungen dazu wurden 2007 in einer Planungshilfe des Bundes für die Agglomera-tionen festgehalten (siehe Kritischer Literaturdienst Fußverkehr, Nr. 54/2008).
Im Jahr 2007 wurden solche Programme von 30 Agglomerationen beim Bund eingereicht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist damit zu rechnen, dass der Anteil der Investitionen für den Fuß- und Radverkehr in diesen Programmen rund 10% betragen wird, wobei allerdings auch Maßnahmen auf Ortsdurchfahrten enthalten sind.
Der Fuß- und Radverkehr findet Eingang in die Raumplanung der Kantone, weil die Agglome-rationsprogramme obligatorisch in die kantonale „Richtplanung“, d.h. das raumplanerisches Instru-mentarium der Kantone, überführt werden müssen. Bereits im Jahr 2006 war der Fuß- und Radver-kehr in den Teil „Programm“ des „Sachplans Verkehr“ des Bundes aufgenommen worden, der als Instrument der Bundesraumordnung den Rahmen für die gewünschte Raum- und Verkehrsentwick-lung der Schweiz absteckt.
Das Leitbild Langsamverkehr kam über den Status eines Entwurfs nicht hinaus. Insbesondere Straßenverkehrsverbände sprachen sich gegen seine Zielsetzungen aus. Seine Leitsätze und Aktio-nen für die Jahre 2008-2011 fanden allerdings Eingang in die 2008 vom Bundesrat (der Schweizer Regierung) verabschiedete Schweizer „Strategie Nachhaltige Entwicklung“. Sie haben damit einen hohen Verbindlichkeitsgrad.
Der Bund verfolgt bei der Umsetzung seiner Politik das Prinzip der Subsidiarität: Er schafft Rah-menbedingungen; die Kantone, Agglomerationen und Gemeinden ergänzen diese und überneh-men die Umsetzung gemäß ihren lokalen Gegebenheiten. Seine rahmensetzende Kompetenz nutzt der Bund insbesondere auf folgenden Handlungsebenen (siehe auch Tabelle):
Die Arbeitsgruppe diskutierte, inwieweit die vorgestellten Schweizer Ansätze auf Deutschland übertragen werden können. Es bestand Einigkeit darüber, dass das Engagement des Schweizer Bundes beispielhaft für Deutschland sein kann. Analog zur Schweiz besitze der Bund auch in Deutschland eine Rahmenkompetenz für die Förderung einer nachhaltigen Mobilität und könne Akti-vitäten, die subsidiär auf den Ebenen der Länder, Kreise und Gemeinden unternommen werden, anstoßen und unterstützen. Dazu solle er auch seine gesetzgeberische Kompetenz nutzen.
Als langfristige Ziele wurden identifiziert:
In Anlehnung an das Schweizer Leitbild Langsamverkehr sollten sich die Aktivitäten des Bundes auf einen Nationalen Fußverkehrsplan gründen. Erforderliche gesetzliche Grundlagen wurden ins-besondere in Bezug auf die Fahrgeschwindigkeit in Siedlungen gesehen. Als geeignetes Instrument wurde das Modell der Begegnungszone mit Tempo 20 und einem Vortrittsrecht für Fußgänger ein-gestuft. Außerdem wurde ein Handlungsbedarf bei der Förderung der Intermodalität in Verbindung mit dem öffentlichen Verkehr gesehen; diesbezüglich wurde eine Änderung des Personenbeförde-rungsgesetzes empfohlen. Zudem solle sich der Bund für eine bundesweit einheitliche Signalisation von Fußverkehrsrouten einsetzen.
Als effektiv wurde angesehen, Finanzierungszusagen des Bundes mit planerischen Anforderun-gen an die Gebietskörperschaften zu verknüpfen, wie es bei den Schweizer Agglomerationspro-grammen Verkehr und Siedlung erfolgt. Als eine Voraussetzung für die Vergabe von Fördermitteln des Bundes wurde das Vorhandensein eines kommunalen Fußverkehrsplans und die Stelle eines kommunalen Fußverkehrsbeauftragten erwähnt, weil dies die Effektivität des Mitteleinsatzes erhö-he.
Damit in der Verkehrspolitik und der Verkehrs-planung die quantitative Bedeutung des Fußver-kehrs besser erkennbar ist, wurde ein Engagement des Bundes im Bereich der Verkehrserhebungen und der Verkehrsstatistik als notwendig erachtet: Das Schweizer Wegetappenkonzept soll bei Ver-kehrsbefragungen übernommen werden und die Verkehrsstatistik soll Auskunft über die Bedeutung des Fußverkehrs geben (z.B. mit einem Modal-Split auf Basis von Wegetappen).
Auch die Kompetenz des Bundes im Hinblick auf regelmäßige Imagekampagnen zur Bewe-gung zu Fuß wurde angeführt. Dabei sind mehrere Ministerien angesprochen: neben dem Bundes-verkehrs- und Bauministerium und dem Umweltministerium auch das Gesundheitsministerium. Als eine Voraussetzung für eine bessere Darstellung des Fußverkehrs in den verkehrspolitischen Diskus-sionen und in den Diskussionen mit der Bevölkerung wurde empfohlen, Begriffe zu suchen, die die positiven Aspekte des Zufußgehens zum Ausdruck bringen. Der Schweizer Begriff „Langsamverkehr“ wurde in diesem Zusammenhang als wenig geeignet eingestuft. In die Diskussion wurden mehrere Begriffe eingebracht: Aktivverkehr (in Anlehnung an den englischen Begriff des „active travel“), Nahmobilität und Basisverkehr.
Die Schweiz hat bei der Förderung des Fußverkehrs durch den Bund mindestens 10 Jahre Vor-sprung gegenüber Deutschland. Das Zufußgehen wird dort seit längerem durch Aktivitäten in meh-reren Handlungsfeldern (gesetzliche Grundlagen, Finanzierung, Unterstützung von subsidiären Akti-vitäten) angegangen. In Bezug auf Deutschland wurde in der Arbeitsgruppe eine stärkere Inan-spruchnahme der Rahmenkompetenzen, über die der Bund verfügt, empfohlen. Prioritäre Aktionen für die nächsten fünf bis zehn Jahr wurden im Schaffen gesetzlicher Grundlagen zur Förderung der Nahmobilität (in einem Nahversorgungsgesetz, in der Strassenverkehrsordnung und im Personen-beförderungsgesetz) gesehen. Die dazugehörigen Finanzierungsinstrumente des Bundes sollen mit Anforderungen an eine „gute“ Planung verknüpft werden. Die Bedeutung des Zufußgehens soll von Bundesstellen - z.B. mit Imagekampagnen - aktiv kommuniziert werden.
www.langsamverkehr.ch (offizielle Webseite des Bundesamts für Strassen, Bereich Langsamverkehr)
www.astra.admin.ch (Webseite des Bundesamtes für Strassen)
www.are.admin.ch (Webseite des Bundesamtes für Raumentwicklung)
www.fussverkehr.ch (Webseite des Fussverkehr Schweiz Fachverbandes der Fussgängerinnen und Fussgänger)
www.flaneurdor.ch (Dokumentation/Wettbewerb fußgängerfreundlicher Maßnahmen)
www.begegnungszonen.ch (Datenbank über die Begegnungszonen in der Schweiz)
www.schweizmobil.ch (Webseite für Freizeitangebote für die Bewegung aus eigener Kraft)
Zum Thema «Begegnungszonen» findet am 2. Nationalen Mobilitätssalon am 15. Mai 2009 in Neuenburg eine Tagung statt. Neben diversen Inputreferaten wird im Rahmen von Workshops der Erfahrungsaustausch gepflegt. www.mobilitaetssalon.ch
Dieser Artikel von Thomas Schweizer, Geschäftsführer Fussverkehr Schweiz Fachverband der Fussgängerinnen und Fussgänger (www.fussverkehr.ch), und Helmut Schad, Dozent Hochschule Luzern (www.hslu.ch), ist in mobilogisch! , der Vierteljahres-Zeitschrift für Ökologie, Politik und Bewegung, Heft 2/2009, erschienen.
Einzelhefte von mobilogisch! können Sie in unserem Online-Shop in der Rubrik Zeitschrift bestellen.
Ich möchte mich auf kritische Ansätze zu den Auswirkungen der Investitionsförderung auf den ÖPNV konzentrieren:
Insofern halte ich aus Sicht des ÖPNV eine schrittweise Rückführung der Förderquoten und die Abschaffung der Investitionsförderung für sinnvoll.
Investitionsförderung (v.a. das GVFG) führt m.E. zu fußgängerunfreundlichen Lösungen:
Ohne Invest-Förderung wäre der Bau unterirdischer Verkehrsanlagen mit verlorenen Höhendifferenzen, unzuverlässigen Rolltreppen, Mangel an Tageslicht, schlechter Luft und unfreundlicher Atmosphäre usw. i.d.R. gar nicht möglich.
GVFG-Förderung von Straßenbahnstrecken ist heute an die Realisierung des „besonderen Bahnkörpers“ geknüpft.
Besondere Bahnkörper sind zwar aus Sicht der Betriebsführung optimal, jedoch oft im Straßenraum nicht oder nur schwierig unterzubringen.
Ich halte eine bloße Modifikation des GVFG (z.B.: künftig auch straßenbündige Strecken fördern, Förderung an Zielerreichung und nicht an Bauausführung koppeln) zwar für einen Schritt in die richtige Richtung, auf Dauer aber nicht für ausreichend. Zu unterschiedlich sind die Situationen „vor Ort“, zu verschieden die Anforderungen, als dass mit immer neuen Richtlinien und Vorschriften darauf reagiert werden könnte.
Perspektivisch sollte m.E. das heute für Investionsförderung zur Verfügung stehende Geld in Regionalisierungsmittel umgewandelt und den Gebietskörperschaften direkt zur Verfügung gestellt werden. Diese können dann selbst entscheiden, ob sie damit
Eine analoge Vorgehensweise ist natürlich auch beim Straßenbau zu fordern, hier richtet die Investitionsförderung sinngemäß die gleichen Schäden an wie beim ÖV (Maßnahmen werden auf Förderungsfähigkeit hin getrimmt und dabei i.d.R. überdimensioniert, Maßnahmen werden vorwiegend wegen Zuschußakquisition getätigt usw.).Regionalisierung von ÖPNV ohne auch die volle Regionalisierung von Finanzverantwortung kann nicht zu den erwünschten Resultaten führen.
Dieser Beitrag von Wolf Drechsler, Gesellschaft für fahrgastorientierte Verkehrsplanung GfVp, erschien in der Dokumentation: Fußverkehr im Umweltverbund – 30 Beiträge vom 1. FUSS-Botschaftertreffen am 12.10.2001 in Berlin, FUSS e.V. (Hrsg.), Berlin 2002
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Lebendige und zukunftsfähige Dörfer sind auf gute Bedingungen zum Zu-Fuß-Gehen angewiesen. So gibt es zum Beispiel eindeutige Zusammenhänge zwischen der Fortbewegungsart der Bewohner/innen und der Ausstattung der Dörfer mit wichtigen Einrichtungen. Vielerorts gibt es schon keine Einkaufsmöglichkeiten, Gasthäuser und Handwerksbetriebe mehr, was wesentlich auf eine starke Autobenutzung zurückzuführen ist. Anhand der kleinen Dorfläden ist dies gut erkennbar: Wenn der Großteil der Bewohnerschaft in andere Orte fährt, um dort in Supermärkten einzukaufen, sterben die Betriebe im eigenen Ort.
In Dörfern und dörflichen Stadtteilen gibt es in der Regel vier Problemfelder in Bezug auf das Gehen:
Viele Bundes-, Landes-/Staats- oder Kreisstraßen sind so stark befahren und so ungünstig zu überqueren, dass sie die Dörfer zerteilen und den Austausch zwischen den beiden Straßenseiten bzw. Ortshälften erschweren. Für manche Personengruppen, z.B. Kinder, ältere und seh- oder gehbehinderte Menschen, können sie eine kaum überwindbare Grenze darstellen. Oft werden Kinder von Ihren Freund/innen getrennt, und die Bushaltestelle oder ein noch vorhandener Laden sind nur mit großen Umwegen erreichbar. Eigentlich sollte die Überquerung der Fahrbahn von Straßen mit beidseitiger Bebauung überall möglich sein, mindestens jedoch dort, wo Straßen und Wege einmünden oder wichtige Ziele anliegen.
Kurzfristige Lösungsansätze sind insbesondere:
Die Temporeduzierung ist eine ganz zentrale, aber selten eingesetzte Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und der Querungsmöglichkeit. Leider erschwert das Bundesverkehrsministerium entsprechende Beschilderungen durch eine am Autoverkehr, nicht an den Menschen ausgerichtete Straßenverkehrsordnung samt entsprechender Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO). Dabei wäre die Maßnahme extrem kostengünstig, und in Kombination mit einer Überwachung (ggf. auch stationär durch "Starenkästen") auch sehr wirkungsvoll. Wenn die Ortsdurchfahrt eine Gemeindestraße ist, kann sie grundsätzlich auch in eine Tempo-30-Zone einbezogen werden.
In etlichen Ortsdurchfahrten haben die Ortskerne zu schmale oder gar abschnittsweise gar keine Gehwege.
Lösungsansätze sind insbesondere:
In manchen Orten wird der Fahrradverkehr nicht auf der Fahrbahn geführt, sondern benutzungspflichtig auf daneben liegenden Radwegen oder gemeinsamen Rad-/Gehwegen. Wenn die Flächen für den Fußverkehr zu schmal sind, kommt es zu Konflikten.
Lösungsansätze sind insbesondere:
Bis 1985 galt, das neu zu bauende Gehwege nur 1,50 m schmal sein brauchten. Sind sie so eng, können aber keine zwei Menschen nebeneinander gehen. Trotzdem werden immer noch solche zu schmalen und zum Teil Gehwege mit noch geringeren Breiten neu gebaut. Da die meisten Straßen bereits bestehen, sind Änderungen teuer, auch für die Anwohnerschaft. Manchmal parken auch noch Autos auf den Gehwegen, was grundsätzlich verboten ist, die Situation verschärft und nirgends (durch Schilder) erlaubt werden sollte. Häufig wünschen sich die Anwohner/innen, dass ihre Straße zu einem Verkehrsberuhigten Bereich wird (im Volksmund Spielstraße" genannt). Dann ist es erlaubt, mitten auf der Straße zu gehen, sich dort sogar aufzuhalten und Kinderspiele durchzuführen. Wo dies (noch) nicht realisiert werden kann, sollte eine Tempo-30-Zone angeordnet werden. Wenn der Gemeinderat das beschließt, wird das von den Straßenverkehrsbehörden i.d.R. auch umgesetzt. Bei Erschließungs-/Wohnstraßen sind die Regeln der Straßenverkehrs-Ordnung und der Verwaltungsvorschriften durchaus im Sinne der Fußgänger auszulegen. Geschwindigkeitssenkungen sollten möglichst durch ergänzende Maßnahmen unterstützt werden, z.B. durch den relativ kostengünstigen Einbau von Pflanz-/Baumbeeten in den Straßenraum (Kosten bei Beibehaltung der Entwässerung und Leitungen: ca. 2 bis 10.000 Euro pro Grüninsel).
Gute Bedingungen für den Fußverkehr sind ein wichtiger Bestandteil eines attraktiven Wohnumfelds.
Dieser Beitrag ist von Arndt Schwab, Verkehrsplaner in Koblenz und langjähriges Vorstandsmitglied des FUSS e.V., im Dezember 2009 verfasst worden.
Die notwendige und sehr kleinteilige Förderung des Fußverkehrs muss hauptsächlich in der Kommune ansetzen und durch eine eindeutige Verkehrspolitik der Länder und des Bundes zugunsten der Verkehrsmittel im Umweltverbund unterstützt werden. Die folgenden Beiträge setzen sich damit auseinander, wie das geschehen könnte:
Die Förderung des Fußverkehrs ist ein Querschnittsthema, dazu einige Überlegungen: