Rezension aus der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Ausgabe 36/2003

Ausgangslage

Bereits im Jahr 2000 hat das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) des Landes Nordrhein-Westfalen zum Thema Fußverkehr in der Schrift „zu Fuss mobil“ eine Sammlung von Fachaufsätzen herausgegeben. In Ergänzung dazu wurde das Büro für integrierte Stadt- und Verkehrsplanung (BIS) in Bonn beauftragt, zusammen mit ILS-MitarbeiterInnen eine Planungshilfe zu erarbeiten, in der konkrete Ansätze zur Förderung des Fußverkehrs und beispielhafte Möglichkeiten zur Gestaltung von Verkehrsanlagen für Zufußgehende dargestellt werden. Diese Planungshilfe ist 2001 in der Reihe „Bausteine“ des ILS veröffentlicht worden.

Inhalt

Die Planungshilfe liefert in einem einleitenden Kapitel grundlegende Informationen zum Fussverkehr: zu seiner quantitativen Bedeutung, seinen Eigenschaften, dem Raum- und Zeitbedarf von Fussgängern und ihren Sicherheitsanforderungen. Danach werden Inhalt und Ablauf von Planungen für Zufußgehende dargestellt. Die beiden Hauptteile behandeln zum einen den „Fußgängerlängsverkehr“ (Wegelemente, die Dimensionierung von Wegen und ihre bauliche Gestaltung, ihre Ausstattung sowie spezifische Anforderungen von Behinderten). Zum anderen werden die verschiedenen Arten von Querungsanlagen und ihre Einsatzbedingungen ausführlich behandelt.

40% aller Fußgänger sind zu zweit unterwegs. Das Zufußgehen ist die einzige Verkehrsart, bei der neben der zielgerichteten Fortbewegung häufig auch der erlebnisorientierte Aufenthalt auftritt (z.B. das Innehalten, Gespräche mit Bekannten etc.). Bei der Dimensionierung von Wegen soll das einkalkuliert werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass rund 30% der deutschen Bevölkerung in der einen oder anderen Weise mobilitätsbehindert sind. So ergibt sich bei der Begegnung zwischen einem Fußgänger mit Langstock und einem anderen bereits ein Breitenbedarf von 2,30m.

Fußgänger haben sehr hohe Sicherheitsanforderungen. Diesen vielfältigen Anforderungen muss auf zwei Arten begegnet werden: mit einer netzbezogenen Planung, die von wichtigen Quellen und Ziele des Fußverkehrs ausgeht, und einer Orientierung an Qualitätsanforderungen (Nutzbarkeit und Attraktivät, Überschaubarkeit und Orientierungsmöglichkeit, objektive und subjektive Sicherheit, Direktheit und Netzschlüssigkeit).

Im Hinblick auf den Planungsablauf werden folgende Schritte empfohlen: 1. Nutzungskartierung und Festlegung eines Hauptfußwegenetzes, 2. Bestandsaufnahme mit Mängelanalyse, 3. eventuell ergänzende Unfallauswertungen, 4. Zählungen als Grundlage für die richtige Dimensionierung von Anlagen, 5. Befragungen, eventuell von spezifischen Fußgängergruppen (z.B. Schüler, Senioren), 6. das Erstellen eines Maßnahmenprogramms für die Ebene „Netz“ und die Ebene „Straßenraum“ mit konkreten baulichen Maßnahmen, jeweils gegliedert nach Dringlichkeit. Begleitend zur Planung oder als eigenständige Maßnahme wird wirkungssteigernd eine kontinuierliche, zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit empfohlen, in der verschiedene Informationsmedien genutzt werden und auch eine „Öffentlichkeitsarbeit nach innen“ stattfindet.

Bei den Empfehlungen für den Fußgängerlängsverkehr wird der Begriff des „Seitenraums“ anstelle vereinfachend des Gehwegs benutzt. Es ist der ganze Raum zwischen Fassade und Bordstein, unterteilt in einen Gehbereich sowie einen Unter- und Oberstreifen zur Fahrbahn bzw. zu den Gebäuden hin. Für Gebiete mit geringem Fußverkehr wird eine Mindestbreite von 2,50 m für den Seitenraum (mit 2,0 m für den Gehbereich und 0,50 m Sicherheitsraum zur Fahrbahn) genannt, bei höherer Fußgängerfrequenz entsprechend mehr. Zu berücksichtigen ist der Raumbedarf von Einbauten und Nutzungen, für die Richtwerte angegeben werden (z.B. 2,50 m Wartflächen an Haltestellen, 2,0 - 2,50 m für Grün- und Pflanzstreifen).

Zu den Ausstattungselementen wird auch die Beleuchtung gerechnet, für die auf Gehwegen 3-5 Lux empfohlen werden, auf Vorplätzen von Haltestellen (15-30 lx) sowie Bahnsteigen (60-120 lx) deutlich höhere Beleuchtungsstärken. Für Mobilitätsbehinderte ist unbedingt die Freihaltung des Gehbereichs von Hindernissen und Einbauten zu gewährleisten, an Lichtsignalanlagen sind die Freigabe- und Räumzeiten an die ensprechend geringere Gehgeschwindigkeit (ca. 1 km/h) anzupassen.

Langfristig soll das Abstellen von Fahrzeugen - Autos wie Fahrrädern - im Seitenraum unterbunden werden, indem dafür eigene Flächen ausgewiesen werden. Anstelle der Führung von Radfahrern und Fußgängern auf gemeinsamen Wegen im Seitenraum sollen beide Gruppen so oft wie möglich auf eigenen Wegen geführt werden. Für den Fall einer gemeinsamen Führung werden Verträglichkeitsgrenzwerte angegeben.

Bei den Querungsanlagen für den Fußverkehr werden solche ohne Vorrang für Fußgänger (Querungshilfen) und solche mit Vorrang oder einer Trennung der Verkehrsarten unterschieden. Die Einsatzmöglichkeiten von verschiedenen Querungsanlagen werden textlich, anhand von Planzeichnungen und Fotos sehr anschaulich erläutert.

Bewertung

Die Broschüre ist ein Grundlagenwerk für alle, die sich mit Verkehrsplanung und Stadtplanung beschäftigen. Die wichtigsten Gegenstandsbereiche und Abläufe einer fußverkehrsbezogenen Planung sind gut nachvollziehbar dargestellt. Auffallend ist das sorgfältige Lay-out mit vielen guten Fotos, Planausschnitten, Zeichnungen und Abdrucken von Informationsmedien. Ein Verzeichnis ausgewählter Fachliteratur rundet diese sehr gut gelungene Planungshilfe ab.

 

Titel:

Fussverkehr. Eine Planungshilfe für die Praxis. (=ILS-Bausteine, 24), Dortmund 2001, 88. S.

Autoren:

D. Bräuer, W. Draeger, unter Mitarbeit von H. Friese, H. Klewe, D. Klöckner, S. Lebuser

Bezug:

Beim ILS, e-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Tel. 0231-9051150, ISBN 3-8176-9024-X, 10 Euro

 

Impressum:

Erstveröffentlichung in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, September 2003. Der Kritische Literaturdienst Fußverkehr Krit.Lit.Fuss erscheint seit 1992 als Beilage des InformationsDienstes Verkehr IDV und nach der Namensumbenennung ab dem Jahr 2002 vierteljährlich in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung.

Autor dieser Ausgabe: Helmut Schad.

Herausgeber: FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland, Exerzierstraße 20, 13357 Berlin, Tel. 030/492 74 73, Fax 030/492 79 72, eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.fuss-eV.de

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