Die Förderung des Fußverkehrs muss letztendlich auf Ebene der Kommunen ansetzen. Langfristig ist eine neue Qualität im Stadtverkehr anzustreben, in der Fußgänger eine tragende Rolle übernehmen (Stichwort: Nahmobilität). Zufußgehen ist als ökologisch und sozial verträglichste Verkehrsart selbstverständlich und lebensnotwendig für jeden urbanen Siedlungsraum. Fußgänger beleben Straßen und Plätze, sie prägen das Straßen- und Stadtbild und sind zugleich Beschützer einer lebenswerten Stadt.
Die Möglichkeiten zur Verbesserung der Bedingungen des Fußverkehrs auf kommunaler Ebene sind vielfältig. Sie lassen sich zusammenfassend vier Ebenen zuordnen, die auf die Gestaltung von Verkehrsanlagen und auf das Nutzerverhalten Einfluss nehmen (1):
Förderung des Fußverkehrs
...und benötigt Unterstützung durch den Bund!
Die Wahrnehmung der Füße als Fortbewegungsart hat – mindestens in Fachkreisen – in den letzten Jahren zugenommen. Aber auch wenn die Bedeutung des Fußverkehrs und seine Vorteile vielerorts beschworen werden und trotz einzelner durchaus nennenswerter Beispiel („Flanierzonen„ in der Schweiz, neue Zebrastreifen in Berlin, eine „Fußgängerakademie„ in Baden-Württemberg...): Von einer gezielten Förderung mit einer entsprechenden Breitenwirkung kann noch keine Rede sein.
Der Bund hat dabei seinen Einfluss auf die Rahmenbedingungen bislang nicht ausreichend genutzt und gezielte Impulse für die kommunaler Fußverkehrsförderung vermissen lassen.
Die derzeitigen Anstrengungen zur Erarbeitung eines Nationalen Radverkehrsplan beinhalten vielfältige Ideen, von denen viele auch in einer bundesweiten Fußverkehrsförderung nutzbar wären. Zwei Maßnahmenbereiche, die in einem solchen „Masterplan Fußverkehr„ eine zentrale Rolle einnehmen müssten, sind (2):
Die bestehenden Förderinstrumente müssten dringend verbessert bzw. verändert werden. So sollten die Finanzhilfen zur Städtebauförderung und zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (GVFG) stärker auf die Berücksichtigung der Belange des Fußverkehrs abgestimmt werden. Neben einer Nennung der Fußverkehrsförderung auf Ebene der grundlegenden Ziele (Fördervoraussetzungen) sollten dabei insbesondere die Möglichkeiten der Kopplung der Mittelvergabe an bestimmte Mindest- bzw. Qualitätsstandards (z.B. Mindestgehwegbreiten, Schaffung und bauliche Ausführung von Querungsanlagen) geprüft werden. In bestimmten Bereichen wäre auch eine Ausweitung der Fördertatbestände sinnvoll (z.B. Aufnahme der Zuwegung zu Haltestellen / Bahnhöfen).
Darüber hinaus sollten die rechtlichen Grundlagen und Regelwerken überprüft und modifiziert werden. Die Straßenverkehrsordnung und die dazugehörigen Verwaltungsvorschriften müssen stärker auf die Belange der Fußgänger abgestimmt werden. Die Einführung von Mindeststandards (insbesondere bezüglich der Gehwegbreite), die Verbesserung der Vorschriften bei den Querungsanlagen (insbesondere bezüglich des Einsatzes von Fußgängerüberwegen) sowie die Minderung von Behinderungen und Gefährdungen für den Fußverkehr (z.B. Änderung der Bestimmungen zum Gehwegparken) gehören hier zu den möglichen Ansatzpunkten (3).
Zusätzlich könnte Deutschland seinen Einfluss im Zuge der Harmonisierung der europäischen Verkehrsregeln dahingehend geltend machen, dass Regelungen, die sich in den Mitgliedsstaaten als besonders fußgängerfreundlich bewährt haben, für die Union zu übernehmen.
Dass die Förderung des Fußverkehrs im Kopf beginnt, ist eine Binsenweisheit. Dennoch ist die Schaffung eines Bewusstseins für den Fußverkehr als eigenständige und gleichberechtigte Verkehrsart vielleicht der schwierigste, sicher aber der notwendigste Baustein der Fußverkehrsförderung auf Bundesebene (wie in den Kommunen). Mögliche Impulse des Bundes könnten dabei sein:
Der Fußverkehr ist unbestritten Teil des Umweltverbundes. Gerade der öffentliche Verkehr profitiert erheblich von einer guten Erreichbarkeit der Haltestellen durch die Fahrgäste, die im Nahbereich noch immer überwiegend zu Fuß kommen. Trotz der richtigen und notwendigen Forderungen nach stärkerer Integration und ganzheitlicher Betrachtung darf nicht vergessen werden, dass der Fußverkehr ureigene Ansprüche und Bedürfnisse hat, die es zu berücksichtigen gilt.
Es ist nicht gänzlich zu vermeiden, dass es in der Förderung einzelner Verkehrsarten des Umweltverbundes zu Zielkonflikten kommt. Dies gilt auf kommunaler Ebene, wo ein Radweg, der nur auf Kosten einer Minderung der Gehwegbreite angelegt werden kann, im Einzelfall durchaus begründbar ist. Auch auf Bundesebene ist die derzeitige Konzentration auf den Radverkehr aufgrund begrenzter Ressourcen und politischer Vorgaben verständlich (und im Grundsatz begrüßenswert!).
Es ist aber auf Dauer nicht hinnehmbar, dass Fußgänger grundsätzlich die Leidtragenden und Vergessenen sind, wenn der Umweltverbund gestärkt werden soll. Hier gilt es, die Prioritäten anders zu setzen. Zu sagen „es geht schon„ und damit zu meinen, daß Fußgänger sich stets arrangieren können, ist wenig befriedigend.
Die Kommunen aber gerade auch der Bund sind vielmehr aufgefordert, Fußverkehrsförderung ernst zu nehmen und „Taten„ sprechen zu lassen.
Dieser Beitrag von Andrea Dittrich-Wesbuer, Verkehrswissenschaftlerin am Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes NRW (ILS), und Dirk Bräuer, Stadtplanungsamt München, erschien in der Dokumentation: Fußverkehr im Umweltverbund – 30 Beiträge vom 1. FUSS-Botschaftertreffen am 12.10.2001 in Berlin, FUSS e.V. (Hrsg.), Berlin 2002
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