Auch wenn manche nicht mehr daran glauben mögen, Fußverkehr bleibt der wichtigste Verkehr in der Stadt: Als Fußgänger tragen wir entscheidend zur Stabilisierung der Lagegunst in urbanen Systemen bei. Eine beständige Lagegunst ist Grundvoraussetzung nachhaltiger Investitions- und Handlungsentscheidungen und ermöglicht den Menschen langfristige Bindungen am niedergelassenen Ort.

Eine solide Fußwegeerschließung

  • reduziert die Umweltbelastung,
  • sorgt für subjektive und objektive Sicherheit in den Straßen,
  • ermöglicht erlebbare Übergänge zwischen den Nutzungen und
  • ist wichtige Voraussetzung für die Herausbildung von mannigfaltigem Angebot.

Oder umgekehrt formuliert, wir verletzen die Lebensbedingungen in unseren urbanen Siedlungsräumen auf vielfältige Weise, wenn wir den Fußverkehr und die weiteren Verkehrsmittel im Umweltverbund vernachlässigen. Zur Verdeutlichung beschäftigen wir uns in Anlehnung an die wegweisenden Arbeiten von Lucius Burckhardt mit den (zumeist unsichtbaren) Begleiterscheinungen automobilorientierter Stadt- und Verkehrsplanung, mit den Rändern:

Ränder sind Ordnung

Der mächtigste Rand ist der Stadtrand, in historischer Form als Stadtmauer mit ausgeprägt ordnender Funktion. Die Baurechte existierten zunächst nur innerhalb der Festung. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Wälle übersprungen und heute dehnen sich die Siedlungsrechte unserer metropolitanen Stadtlandschaft schier unendlich aus, tief in das weite Umland hinein. Ähnlich umwälzend entwickelte sich das Verkehrsgeschehen: Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war trotz Pferdebahnen das zu Fuß gehen der entscheidende Mobilitätsfaktor in den Städten, Mitte der fünfziger Jahre galt Fußverkehr in Kombination mit ÖPNV als Fortbewegungsmittel für die Stadtbürger und wiederum fünfzig Jahre später gelang uns mit gewaltigem Stadtumbau die massenhafte Integration des Autos. Mit unaufhörlicher Vermehrung von Autoabstellplätzen und dadurch bedingten unabsehbaren Kapazitätsausweitungen von Straßen bis hin zu autobahnähnlichen Fahrbahnen haben wir heute die Herausbildung von Rändern innerhalb der Stadtquartiere gefördert.

Starkbefahrene Straßen können ähnlich ausgrenzende und einengende Wirkungen erzielen wie unsere alte Stadtmauer: Wir meiden als ÖPNV-Benutzer, Fahrradfahrer und insbesondere als Fußgänger autodominierte Straßen. – Wenn wir uns schon als Fußgänger nicht mehr auf dem Bürgersteig in den Randzonen aufhalten wollen, bricht in Folge insbesondere den Anbietern von höherwertigeren Waren und Dienstleitungen die wirtschaftliche Grundlage weg. Die Kraft für die Herausbildung von qualitätsvollem und mannigfaltigem Spezialangebot als ureigenstes großstädtisches Potential schwindet oder kann sich erst gar nicht entwickeln. Bestenfalls Nutzungen, die nicht auf Laufkundschaft angewiesen sind und vergleichsweise geringe Umsatzrenditen pro Flächeneinheit erzielen, füllen die Lücken zumindest zwischenzeitlich.

Der Abstieg endet nicht an der Verkehrsschneise, sondern strahlt in die angrenzenden Gebiete hinein: Ränder führen ihr Eigenleben und fransen aus. Die durch ordnende Planung festgesetzte Zone, beispielsweise zwischen Einkaufsstadt und Wohngebiet entwickelt sich zur eigenen Zone: „vorne, der Streifen der zu teuer eingekauften Liegenschaften auf der Suche nach einem Betreiber und hinten das Gebiet der abgewirtschafteten Gebäude, deren Besitzer den Verlust noch nicht wahrhaben wollen.„ Ränder vernichten Investitionsleistungen oder Zukunftsperspektiven.

Ränder fördern Randnutzungen

Am Beispiel der sechsspurigen Kurt-Schumacher-Straße, welche die wiederaufgebaute Altstadt von Kassel in zwei Teile trennt, können wir studieren, wie im unmittelbaren Umfeld Verwaltungen, eingeführte Büros, Praxen, sortierte Fachgeschäfte und Gaststätten verschwinden und auch längere Zeit Lücken hinterlassen, bis Folgegeschäfte mit geringerer Bodenverwertung, wie Discounter, Secondhand-Läden, Sexshops, Imbiss-Stuben, Angebote für Jugendliche und Emigranten den wirtschaftlichem Erfolg unmittelbar am Rand der Einkaufsstadt suchen.

Sinkende Lagegunst bedrängt den Wohnstandort. Viele Bewohner reagieren auf das Milieu ihres Wohnumfeldes, verlassen unangenehme Straßen, wandern Richtung Stadtrand. Soziale Entmischung mit schwer zu bewältigenden ökonomischen Konsequenzen für verbleibende Einrichtungen des Stadtviertels ist schleichende Konsequenz ausfransender Ränder. Ränder sind mobil, so dass benachbarte Bezirke in den schleichenden Abwärtstrend hineingezogen werden, besonders wenn mehrere Randerscheinungen das urbane Gewebe einer sinnvollen Nutzung beschädigen.

Ränder ziehen Randgruppen an; diese verunsichern Besucher und Bevölkerung. Heute lockt die ausweitende Randzone unmittelbar vor der Kasseler Einkaufsstadt Dealer, Hehler und Gewalttäter an; der Rand wurde Kriminalitätsschwerpunkt. Videoüberwachung wichtiger Stadtplätze und Eingänge zur Kasseler Einkaufsstadt soll künftig als präventives und aufklärendes Instrumentarium eingesetzt werden. Nach Jane Jacobs müsste Städteplanung Sorge tragen, dass Bürgersteige möglichst flächendeckend, über den gesamten Tagesverlauf frequentiert werden, damit Bewohner, Gewerbetreibende und Passanten in die Lage versetzt werden, ihre Straße eigenverantwortlich kontrollieren zu können.

Ränder zerstören das Angebot

Auf welche Weise Lagegunstverschiebungen durch Ränder sichtbar werden und den Grad der Angebotsvielfalt „steuern„, lesen wir am besten bei Burckhardt nach: „Über jeder Stadt liegt unsichtbar, in Form einer Käseglocke, die Bodenwertkurve. An jeder Stelle der Stadt wird sich diejenige Nutzung einstellen, die in der Lage ist, den dort gültigen Bodenpreis zu verzinsen. Die Ränder sind die Stellen des steilen Abfalls der Bodenwertkurve. Physisch ausgebildete Ränder schnüren die Zonen ein und steigern die Bodenwertdifferenzen zwischen innen und außen. Ziel der Stadtplanung muss es sein, die Bodenwertkurve abzuflachen; nur Zentren mit flachen Bodenwertkurven sind gut versorgt. Die Härte des Randes der Einkaufsstadt zerstört also deren wichtigste Angebotsqualität, die Mischung.„

Zerfall urbaner Ökonomien

Wenn Innenstädte wichtige Segmente an Detail- oder Spezialangeboten verlieren und stattdessen hauptsächlich Massenangebote von Konzernen und Filialen angeboten werden, können sie auf Dauer nicht mehr mit den Einkaufszentren am Stadtrand konkurrieren. Ähnlich folgenschwer ist die Besiedlung des Stadtumlandes zwischen Autobahnen und Zubringerstraßen: nach innen reißen insbesondere in den gewachsenen alten Gewerbe- und Mischgebieten aber auch in den Großsiedlungen Nutzungslücken und Brachflächen auf, die mit staatlichen Förderprogrammen baulich und sozialpolitisch gefestigt werden sollen; und nach außen ist heute schon abzusehen, dass vielen neu entstandenen Wohn-, Einkaufs- und Gewerbeparks Kraft zur Stabilisierung und Weiterentwicklung fehlen wird: die schier grenzenlose Verlagerung städtischer Aktivitäten an den Stadtrand – geordnet und eingebettet zwischen den Rändern grünflächenumsäumter Tangenten – verschiebt und beschleunigt die Lagegunst im urbanen Gesamtsystem enorm.

Schließlich setzt die oben skizzierte Entwicklung durch zwangsläufig vermehrende PKW-Leistung eine Spirale in Bewegung, welche die inneren Ränder verhärtet: Die Großstadt zerfällt in verkehrsumspülte Nutzungszonen, die unzureichende Synergieeffekte mobilisieren können und ökonomisch wie räumlich als „Kleinstädte„ oder gar „Dörfer„ zerfallen. In dieser Entwicklungstendenz

  • sind Großstädte kulturell und wirtschaftlich nicht mehr in der Lage, eine feingliedrige Angebotsvielfalt hervorzubringen;
  • ist leistungsfähiger Umweltverbund und insbesondere der Fußverkehr nicht mehr kompatibel und lebensnah zu integrieren;
  • breitet sich wegen nicht durchhaltbarer Ordnungsvorstellungen Unordnung und Chaos in der grenzenlosen Stadt aus; es ist abzusehen, dass staatliche und private Mittel nicht ausreichen werden, die aufreißenden Löcher im überdehnten Gewebe urbaner Agglomeration zu stopfen.

Es gibt unter der Prämisse steigenden PKW-Verkehrsaufkommens keine strategisch wirksamen baulichen Lösungen, die Härte der Ränder überwinden zu können. – Im Gegenteil, viele Planungsbemühungen, Eingriffe und Sanierungen verfehlen die urbanen Herausforderungen und verschärfen die Konflikte unsichtbar – vor allem wenn fortlaufender Handlungsbedarf für nicht reduzierbare Probleme ausgelöst wird: denken wir an die unersättliche Integration von Autoabstellplätzen, die zu Ausweitung von Fahrspuren und zu immer stärker ausfransenden Randzonen führt, oder an weiträumige Siedlungserweiterungen, ohne dass Einwohnerzahl oder Gewerbeaktivität zunimmt. Auch das Durchlässigmachen barriereartiger Ränder an nur wenigen oder exponierten Stellen, löst die Spannung nicht, wenn die an sich wünschenswerte Vernetzung an zu wenigen Stellen geschieht, und dafür zurückgenommene Straßenbelastungskapazität in andere Straßen verlagert oder gar überkompensiert wird.

Resignieren vor Rändern?

Wir alle wissen, dass Menschen in Städten zu großen Kulturleistungen fähig sind. Dies funktioniert umso besser, wenn möglichst viele Menschen miteinander kommunizieren und für sich hinreichende Lebensperspektiven entwickeln können. Städte sind umso erfolgreicher, je sinnvoller die Bewohner und Akteure ihre Ressourcen und Kräfte einsetzen und auch bündeln können. Und diese Kulturleistungen hängen von handlungsfördernden und synergetischen Möglichkeiten jedes Einzelnen im städtischen Gewebe und ihren Wechselwirkungen ab.

Ich möchte Auswege aus dem derzeitigen Stadtentwicklungsdilemma aufzeigen, mit einer Skizze zum Re-design eines sinnvollen Stadtgewebes: Dabei zielt eine aus drei Handlungssträngen bestehende Strategie auf die Umkehrung der Dynamik unserer falsch angelegten Städte: Indem wir:

  1. Wege suchen, die den Teufelskreis unserer verkehrt erschlossenen Städte aufbrechen;
  2. mittels einer zeitgemäßen Bau- und Planungskultur zunächst mit hochwertigen Wohnungen anstreben, die Bewohner wieder in die Innenstädte zu locken und
  3. durch Förderung von Vernetzung, Mischung und Nutzungsüberlagerungen die Basis für künftige, mannigfaltige Angebotsentwicklungen legen.

Die große Gestaltungsaufgabe wird sein, vorhandene oder sich bildende Ränder durch „Mischung„ zum Auflösen zu bringen. Hierbei macht es Sinn, die äußere Anspannung der Ränder zu ersetzen durch eine innere Anziehungskraft: Erhöhen wir also die generelle Benutzbarkeit von Straßen, Gebäuden, Gärten, Freiflächen, Ensembles und Quartieren, als Grundlage für zukunftsoffene Handlungsoptionen und stabilisierende Entwicklungen im Bestand.

Kultivieren wir die Straße

Wir kennen die Richtschnüre stadtverträglichen Verkehrs, nämlich möglichst viele Menschen auf kleinstem Raum zu befördern: Im Regelfall haben dann Fußgänger und Radfahrer Primat vor Bus und Bahn und diese Vorfahrt vor dem Auto. Wie mischen wir dann Verkehrsschneisen? Indem wir die überdimensionierten Fahrbahnen ergänzen: mit Straßenbahnlinien, schnellen Fahrradstraßen, komfortablen Fußwegen; indem wir die Systeme des Umweltverbundes zu engmaschigen Netzen erweitern, für geeignete Schnittstellen sorgen und das Umfeld attraktiv und sicher gestalten. In überdimensionierten Straßenfluchten kann es morgen wieder Sinn machen, mit baulichen Ensembles Brücken in benachbarte Quartiere zu schlagen. Damit lösen wir Ränder als Zonen unterschiedlicher Bodenverwertungen nicht auf, sorgen aber für Nutzungsverzahnungen und damit für eindrückliche und erlebbare Übergänge und weiche Abstufungen der Bodenwertkurve.

Hierzu brauchen wir Geduld: Ränder sind heute fest eingefahren; infolgedessen versuchen wir als funktionelle Strategie zunächst die Randerscheinungen unserer verkehrt angelegten Großstadt auf organisatorischem Wege zu entschärfen; indem wir uns fragen, wie wir möglichst viele Menschen überzeugen können, selbstverständlich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Haben sie eine Idee? Ich denke an ernstgemeinte Bevorzugung des Umweltverbundes, ja als Daseinsvorsorge. Nicht finanzierbar? Dafür müssen wir viel weniger Mittel aufwenden, als die Autointegration gekostet hat bzw. weiter kosten wird. Alle anderen Verkehrsbewältigungsstrategien sorgen für virulente Randerscheinungen und sind für Staat, Kommunen und Gesellschaft teurer – und auf Dauer unbezahlbar: Unsere Bau-, Förder- und Steuerpolitik bleibt unschlüssig, wenn weiterhin alle Verkehrsträger gestützt werden sollen und in der Tendenz Verkehrsmittel und Wege des Umweltverbundes zurückgedrängt werden – und folglich gut angelegte Städte Utopie bleiben müssen.

Nachdenkenswert halte ich ein Teilergebnis einer kürzlich im Auftrag von Chrismon durch das Emnid-Institut durchgeführte demographische Umfrage: Auf die Frage, welche Ziele man verfolgen würde, wenn man der König von Deutschland wäre, antworteten immerhin ein knappes Fünftel der Bevölkerung: „Alle öffentlichen Verkehrsmittel können kostenlos genutzt werden„. Junge Menschen mit höherem Bildungsabschluss und Bürger aus Ostdeutschland gehörten zu den stärksten Befürwortern.

Kultivieren wir Planen und Bauen

Vor herausfordernde Aufgaben stellt uns die Reaktivierung vernachlässigter Siedlungsgebiete: Insbesondere in zentral gelegenen aber niveauarmen oder sinkenden Quartieren sollten wir versuchen, durch Mischung dynamische Entwicklungen einzuleiten, damit dort wieder ein breites Bevölkerungsspektrum gerne lebt – und auch viele andere in der Nähe arbeiten – und als Folge der vorhandenen „primären Ökonomien„ Dritte eine hinreichende wirtschaftliche Basis vorfinden und deshalb erweiterte Angebote anbieten können.

Nutzungsoffene Gebäude

Wie könnte also unser städtisches Gewebe „gemischt„ werden, damit Stadtbildner und Stadtfüller möglichst effizient und reibungsarm ihren Lebensauftrag nachkommen können? Ich glaube, die ästhetische Aufgabe wird sein, den Bestand mit privaten Stadthäusern zu ergänzen, die vielfältigere und höhere Nutzungspotentiale ermöglichen, als die meisten Familienhäuser am Stadtrand: Bauten, die optimal erschlossen sind, also an lebendigen Straßen liegen und hinreichende Freiflächen aufweisen – nicht nur von außen einsehbare, sondern auch private/ intime Höfe und Gärten; Bauten, die gut bemessene räumliche Standards und auch Pufferzonen beherbergen, um zukünftig ein vielfältiges Spektrum von Nutzungen zu ermöglichen: großzügige Wohnungen, Büros, wohnverträgliche Kleinproduktion, Ladengeschäfte, Gruppenräume oder auch Ergänzungen fürs Altenteil – alles Nutzungen, die in Raumsystemen zwischen 50 und 250 Quadratmetern ihren Platz finden.

Wachstum und Flexibilität statt Vollausbau

Damit die Zukunft nicht vorneweg genommen wird, sollte das sinnvolle Baupensum nicht gleich voll ausgeschöpft werden: anstelle von heute um sich greifenden Vollausbau könnten wir mit zunächst vermindertem Baurecht versuchen, gewisse zukünftige Erweiterungsmöglichkeiten einzuplanen. Gerade die unausgeschöpften, aber denkbaren Möglichkeiten baulicher Veränderungen erleichtern es den Bewohnern ihre Häuser, Höfe und Gärten intensiv zu nutzen, zu pflegen und weiterzuentwickeln: Anpassungsfähigkeit ist wichtig, damit Mischnutzungen hineinwachsen können und damit die Häuser nicht bereits nach einer Nutzergeneration in Ihrem Niveau absinken. Die Herausbildung vielfältiger Nutzungspotentiale in städtebaulicher Dichte fordert unsere Bau- und Planungskultur heraus, künftig mehr Grenzbebauung im sinnvollen Rahmen zuzulassen: Parzellen mit Zellwänden erlauben den Menschen vielfältigere raumprägende Nutzungen zu entwickeln, als untaugliche Konfliktregelungen über flächenintensive und nur eingeschränkt nutzbare „Abstandsflächen„.

Für das Re-design eines zweckmäßigen Stadtgewebes ist im Innenbereich der meisten Städte erstaunlich viel Raum vorhanden und es kommen immer neue Flächen dazu. Höhere Kosten für Pufferzonen und Wachstumspotentiale müssen nicht entstehen, wenn die Planung einen Teil aufwendig hergestellter oder öffentlich gepflegter Flächen privaten Nutzern zuschlägt, die heute als Verkehrsbeleitgrün oder Doppelerschließung dienen. Auch das Mitberücksichtigen räumlicher Standards kann durch bauliche Einsparungen, im Zuge stadtverträglicher Erschließung ausgeglichen werden.

Stadtgesellschaften stärken

Diejenigen Städte, welche die Feinwirkungen stadtverträglicher Erschließung und soziokultureller Bedingungen für vielfältige Angebotsentwicklung begreifen und auch versuchen konsequent umzusetzen, werden am ehesten das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen, damit diese wieder in die inneren Stadtgebiete zurückkehren und dort investieren (können). Und ehe Baugebietserweiterungen oder Verkehrsprojekte umgesetzt werden, untersuchen fortschrittliche Kommunen die (absehbaren) Interdependenzen von Bauentwürfen im urbanen Gesamtsystem. Mit kleinen Eingriffen gibt die Planung dann Impulse für die Regenerierung stockender Quartiere, sind doch Stadtentwicklung und Bodenwertkurve flächendeckend zu stabilisieren.

Weiteres Planungsziel sollte sein, möglichst vielen Akteuren hinreichende Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten mitzugeben, damit durch ihr Zusammenwirken stabile Stadtgesellschaften und reichhaltige Angebote erwachsen. Gefordert ist jedoch eine städtebauliche Struktur, die geeignet ist, unordnungsstiftende Randerscheinungen nicht funktionierender städtebaulicher Ordnung der letzten 50 Jahre zu kompensieren.

Fußverkehr – als engmaschiges, komfortables Netz – ist dabei wichtigster Schlüssel für Erreichbarkeit, Kommunikation und öffentliche Sicherheit in den Straßen. Schützen wir den Fußgänger mit allen unseren Kräften: er gewährleistet stabile Lagegunst, als entscheidende Voraussetzung wirtschaftlich dynamischer Städte.

Weitere Informationen:

  • Burckhardt, Lucius: Sichtbare und unsichtbare Ränder. Deutsche Bauzeitung, S. 116 f, 6/1994.
  • Burckhardt, Lucius: Bauen ein Prozess. Niederteufen 1968.
  • Chrismon 8/2001, S. 10 und Zusammenstellung der EMNID-Untersuchung in www.chrismon.de
  • Jacobs, Jane: Tod und Leben großer amerikanischer Städte. Frankfurt am Main 1963.

 

Dieser Beitrag von Roland Hasenstab erschien in der Dokumentation: Fußverkehr im Umweltverbund – 30 Beiträge vom 1. FUSS-Botschaftertreffen am 12.10.2001 in Berlin, FUSS e.V. (Hrsg.), Berlin 2002

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