Rezension aus der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Ausgabe 39/2004
Die Stadt Zürich hat im Jahr 2001 eine "neue Mobilitätsstrategie" und die Erarbeitung dazu gehöriger Teilstrategien beschlossen. Damit soll eine an Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung orientierte, qualitative Entwicklung der Mobilität in diesem von einer dynamischen Entwicklung geprägten städtischen Raum ermöglicht werden. Der Fußverkehr hat im Rahmen dieser Strategie einen hohen Stellenwert. Ihm ist eine eigene Teilstrategie "Fussverkehr" (Stand: November 2003) gewidmet, die durch eine Teilstrategie "Behinderte, Betagte und Kinder" noch ergänzt wird. Auch mehrere andere der 18 Teilstrategien haben enge Bezüge zum Fußverkehr: so die Strategien "Einkaufsund Freizeitverkehr", "Gestaltung öffentlicher Verkehrsräume", Entwicklungsgebiete" und "Mobilitätsberatung".
Die Teilstrategie Fussverkehr hebt den stark positiven Beitrag des Zufußgehens zu einer nachhaltigen Entwicklung in den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt hervor, im Bereich Gesellschaft u.a. mit der Aussage "Gehen ist ... eine elementare Erscheinungsform des Menschen, die den Charakter eines Grundrechts hat. Den zu Fuß Gehenden sollen deshalb sichere, komfortable und konfliktarme Fußgängerbereiche und Fußwege zur Verfügung gestellt und die Durchlässigkeit der Quartiere soll erhöht werden. Bei der Gestaltung sollen insbesondere die Bedürfnisse Behinderter, Betagter und Kinder berücksichtigt werden. Die Aufenthaltsqualität soll mit sicheren Straßenquerungen und einer ganzheitlichen Straßenraumgestaltung gestärkt werden. Auf diese Weise soll das Hauptziel, die Steigerung des Fußverkehrsanteils am städtischen Verkehr erreicht werden. Mit Blick auf das vorhandene Potenzial wird der Grundsatz aufgestellt, dem Fußverkehr insbesondere bei ausgewiesenen Defiziten im Verkehrsraum (wie z.B. Umwegen, nicht vorhandenen Verbindungen, Sicherheitsmangeln) Priorität einzuräumen.
Die Teilstrategie besteht aus drei Handlungsfeldern mit jeweiligen Teilzielen: Zum Handlungsfeld Netzstruktur zählt das Erstellen eines dichten Fußwegenetzes, die Ausdehnung von Fußgängerbereichen in Quartierzentren (wobei die "Dominanz des Motorfahrzeugverkehrs reduziert" werden soll), die Erhöhung der Verkehrssicherheit basierend auf der Sicherheitsphilosophie "VISION ZERO", der Erhalt der Quartierversorgung und der Naherholung in Fußdistanz sowie die Beseitigung von Konflikten mit fahrzeugähnlichen Geräten und Fahrrädern.
Im Handlungsfeld Umfeldqualität wirkt die Stadt darauf hin, dass v.a. in zentralen Gebieten eine attraktive, straßenzugewandte Architektur mit möglichst publikumsorientierten Erdgeschossnutzungen realisiert wird (per Gestaltungsvorgaben für Gebäude und Definition von Fußwegverbindungen in Gestaltungsplänen und Sonderbauvorschriften). Ziele sind außerdem die fußgängerfreundliche Möblierung und Gestaltung der öffentlichen Räume, eine attraktive Ausleuchtung der Fußverkehrsräume (u.a. mit Hilfe eines "Plan Lumière" = Beleuchtungsplans) und das Gewährleisten eines hohen Unterhalts- und Reinigungsstandards. Eine hohe Sicherheit, sich in der Stadt zurecht zu finden, soll durch Orientierungs und Informationssysteme garantiert werden ("certainty" in Ergänzung der Verkehrssicherheit = "safety" und der Sicherheit vor Übergriffen = "security"). Die Stadt strebt hierbei ein einheitliches System für die Quartiers und Gebietsinformation an.
im Handlungsfeld Bewusstseinsbildung wird die Verbesserung des Images und der Akzeptanz des Fußverkehrs über Kampagnen angestrebt. Es sollen bessere Datengrundlagen zum Fußverkehrs geschaffen werden und eine Internetplattform sowie Partizipationsmöglichkeiten für Interessenvereinigungen geschaffen werden.
In der Teilstrategie "Behinderte, Betagte und Kinder" soll das Leitprinzip "Design für alle" aus der Informationstechnologie angewandt werden. Dies bedeutet, dass Sonderlösungen für diese Gruppe weitgehend vermieden werden sollen. Zur Gruppe der permanent mobilitätseingeschränkten Einwohner wird rund ein Fünftel der Stadtbevölkerung gerechnet. Für sie werden drei Handlungsfelder entwickelt:
Die Teilstrategie "Gestaltung öffentlicher Verkehrsräume" verfolgt das Hauptziel, mit attraktiv gestalteten Verkehrsräumen die Lebens- und Erlebnisqualität in Zürich zu erhöhen.
In der Teilstrategie "Einkaufs- und Freizeitverkehr" wird u.a. formuliert, bei Einkaufs- und Freizeiteinrichtungen prioritär Maßnahmen für den Fahrrad, Fuß- und öffentlichen Verkehr umzusetzen. Dies wird durch das Instrument der Gebietskontingentierung des MIV-Aufkommens von publikumsintensiven Einrichtungen (sogenannte "Fahrtenmodelle") unterstützt.
Maßnahmen zugunsten des Fußverkehrs sind in mehreren der erarbeiteten 18 Teilstrategien gut vertreten. Die Strategie wurde verwaltungsintern auf breiter Basis erarbeitet, die Federführung beim Tiefbauamt sorgt für einen hohen Grad an Verbindlichkeit. Die planerischen und baulichen Maßnahmen werden jeweils durch bewusstseinsbildende Maßnahmen und eine Kampagne "Mobilität ist Kult(ur)" ergänzt, was für einen modernen Ansatz der Verkehrsplanung spricht.
Mobilitätsstrategie der Stadt Zürich Teilstrategie Fussverkehr, Zürich 2003, 12 Seiten
Stadt Zürich, Stab für Verkehr
http://www.mobilitaetskultur.ch/kultur/index.cfm. Hier können alle Teilstrategien im Umfang von jeweils 10 15 Seiten heruntergeladen werden.
Erstveröffentlichung in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Juni 2004. Der Kritische Literaturdienst Fußverkehr Krit.Lit.Fuss erscheint seit 1992 als Beilage des InformationsDienstes Verkehr IDV und nach der Namensumbenennung ab dem Jahr 2002 vierteljährlich in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung.
Autor dieser Ausgabe: Helmut Schad.
Herausgeber: FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland, Exerzierstraße 20, 13357 Berlin, Tel. 030/492 74 73, Fax 030/492 79 72, eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.fuss-eV.de
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