Rezension aus der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Ausgabe 54/2008

Ausgangslage

Mit der Schaffung eines Infrastrukturfonds übernimmt die Schweizer Eidgenossenschaft (Bund) eine subsidiäre Finanzierung von Ausbauten des öffentlichen Verkehrs und der Straßen, aber auch der Wege für den Fuß- und Veloverkehr in festgelegten Agglomerationen. Anders als im deutschen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gilt allerdings nicht der Grundsatz der Projekt-, sondern der Programmfinanzierung: Es werden Agglomerationsprogramme gefördert, in denen Maßnahmen zur Entwicklung aller Verkehrsträger enthalten sein sollen und zudem eine Koordination mit der Siedlungsentwicklung erfolgen muss.

Bundesbeiträge an solche Agglomerationsprogramme Verkehr und Siedlung in Höhe von 3.44 Mrd. Franken (gut zwei Mrd. Euro) werden über 20 Jahre hinweg ausbezahlt (bis 2027). Bezuschusst werden maximal 50% der Infrastrukturkosten. Diese Bundesbeiträge an den Ausbauten in den lokalen und kantonalen Verkehrsnetzen sind aber nur möglich, wenn definierte Grundanforderungen der Planung erfüllt sind und eine Wirksamkeit der Programme nachgewiesen wird.

Ein dazu im Jahr 2004 von der Bundesverwaltung herausgegebenes Anwendungshandbuch mit Prüfkriterien wurde im April 2007 durch eine Arbeitshilfe ergänzt, in der den Planungsträgern in den Agglomerationen Empfehlungen zur Berücksichtigung des Rad- und Fußverkehrs („Langsamverkehr“) in den auszuarbeitenden Agglomerationsprogrammen gegeben werden.

Inhalt

Die Arbeitshilfe legt die Erwartungen des Bundes an die Programme für den Teil Langsamverkehr dar, gibt Beispiele für gute Planungen und enthält Checklisten.

Grundsätzlich soll der Fußverkehr ein Bestandteil der Gesamtstrategie der Agglomeration sein und zur Wirkung des Agglomerationsprogramms beitragen. Dafür sind folgende Prüfkriterien formuliert: Die Qualität des Verkehrssystems soll verbessert, die Siedlungsentwicklung nach Innen gefördert, die Verkehrssicherheit erhöht sowie die Umweltbelastung und der Ressourcenverbrauch vermindert werden.

Um dies zu erreichen, wird empfohlen, klare Ziele zur Förderung des Fußverkehrs festzulegen, Strategien zu formulieren und jeweils ein Alltags- und ein Freizeitnetz (für Naherholung und Freizeit) zu konzipieren.

Eine Grundanforderung besteht in der Analyse der Ist-Situation und des zu erwartenden zukünftigen Zustands (unter der Bedingung, dass kein Agglomerationsprogramm umgesetzt wird). Es sollen möglichst quantifizierte Angaben zur Ist-Nachfrage des Fußverkehrs und zu seiner voraussichtlichen Entwicklung bis 2020 gemacht werden. Die Ist-Situation sowie die voraussichtliche zukünftige Situation soll in Bezug auf folgende Typen von Schwachstellen aufgezeigt werden:

Netz des Fußverkehrs, Situation an Umsteigeknoten des ÖPNV, Verkehrssicherheit und Information/Wegleitung. Eine kartografische Darstellung wird empfohlen.

Wie das gesamte Agglomerationsprogramm sollen auch die Planungen zu Gunsten des Fußverkehrs in Maßnahmenpaketen gebündelt werden, die sich z.B. auf die Behebung von Mängeln in bestehenden Netzteilen, den weiteren Ausbau des Alltags- und Freizeitnetzes sowie den besseren Zugang zu S-Bahn-Stationen und anderen wichtigen Haltestellen beziehen können. Der zukünftige Zustand mit einer Realisierung dieser Pakete soll aufgezeigt werden.

Die entwickelten Pakete sollen nach drei Prioritätenstufen bewertet werden, wobei auch der „Reifegrad“ der Maßnahmen zu berücksichtigen ist, der sich u.a. nach den erforderlichen Planungs- und Umsetzungszeiten bemisst. Einen Vorteil von Investitionen in die Fußverkehrsinfrastruktur sieht die Arbeitshilfe in den häufig kurzen Planungs- und Umsetzungszeiten.

Von der für die Umsetzung des Agglomerationsprogramms zuständigen Stelle soll garantiert werden, dass die Bundesbeiträge auf Gemeindeebene zweckgebunden eingesetzt werden und eine korrekte Abrechnung erfolgt. Zu diesem Zweck wird die Schaffung einer Ansprechstelle für den Langsamverkehr empfohlen.

Bewertung

Der Ansatz der Programmförderung verspricht gegenüber der deutschen Projektförderung einige Vorteile: eine verkehrsmittelübergreifende Planung unter Einbezug des Fußverkehrs - auch bei der Finanzierung - sowie eine stärkere Koordination der Verkehrsplanung mit der Raumplanung. Der Gefahr einer in den Programmen zu geringen Gewichtung des Fußverkehrs wird mit der Arbeitshilfe entgegen gewirkt. An einigen Stellen hätte die Arbeitshilfe allerdings noch konkreter formuliert sein können: z.B. beim Umgang mit unvollständigen Datengrundlagen bei Ist-Analyse und Prognose sowie bei der Abschätzung von Wirkungen des Langsamverkehrs im Rahmen der auf mehrere Kriterien zu beziehenden Wirkungsabschätzungen. Auch in den Beispielen wird hierzu kaum etwas Exemplarisches gesagt. Die Aussagen zum Controlling beziehen sich nur auf Fragen der Finanzierung und der Durchführungskontrolle.

 

Titel:

Der Langsamverkehr in den Aggglomerationsprogrammen. Bern 2007, 34 S.

Verfasser:

M. Rupp, D. Gaspoz-Fleiner, F. Foletti, M. Burkhalter

Bezug:

Hrsg.: Bundesamt für Strassen, STRADOK, CH-3003 Bern; Fax 0041 31 3232303, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! (gratis); www.langsamverkehr.ch

 

Impressum:

Erstveröffentlichung in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Februar 2008. Der Kritische Literaturdienst Fußverkehr Krit.Lit.Fuss erscheint seit 1992 als Beilage des InformationsDienstes Verkehr IDV und nach der Namensumbenennung ab dem Jahr 2002 vierteljährlich in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung.

Autor dieser Ausgabe: Helmut Schad.

Herausgeber: FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland, Exerzierstraße 20, 13357 Berlin, Tel. 030/492 74 73, Fax 030/492 79 72, eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.fuss-eV.de

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