Rezension aus der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Ausgabe 58/2009
Wanderwegenetze erfüllen touristische, verkehrs- und gesundheitspolitische Funktionen. Sie leisten einen Beitrag zur Förderung des Zufußgehens und unterstützen so die Bestrebungen zu einer nachhaltigen Verkehrsmittelwahl in der Freizeit. In der Schweiz hat das Wanderwegenetz eine Länge von rund 60.000 km (ca. 79 km/10.000 Einwohner). Im Rahmen des im Jahr 2008 etablierten Netzwerks „SchweizMobil“ (siehe KLF 56) wurden in diesem Netz speziell vermarktete nationale und regionale Wanderrouten ausgewiesen. Diese Routen umfassen besonders attraktive Angebote und müssen entsprechend einen hohen Qualitätsstandard aufweisen. Um dies zu gewährleisten, wurde die Vereinigung „Schweizer Wanderwege“ vom Bundesamt für Strassen (Bern) beauftragt, in Zusammenarbeit mit SchweizMobil Qualitätsziele für Wanderwege in der Schweiz zu erarbeiten.
Diese Ziele fließen in ein „Prozessmodell Wanderwege“ ein, das mit Maßnahmen im Bereich der Planung, des Baus, der Signalisation und der Kommunikation ein sicheres und attraktives Wanderwegenetz dauerhaft garantieren soll. Letztlich soll dies zu mehr Wanderern in der Schweiz führen. Die Qualitätsziele konkretisieren die im Schweizer Fuß- und Wanderwegesetz (FWG) und der zugehörigen Verordnung (FWV) grob umrissenen Anforderungen an das Schweizer Wanderwegnetz.
Die erarbeiteten Qualitätsziele beziehen sich primär auf Wanderwege, die in kantonalen Plänen verankert sind. Die Ziele haben dabei empfehlenden Charakter für die in diesem Bereich tätigen Verwaltungen und Organisationen (z.B. aus dem Tourismus). Sie finden zudem Eingang in Vollzugshilfen des Bundes zum Fuß- und Radverkehr.
Der methodische Anspruch der Empfehlung besteht darin, quantifizierbare Messgrössen für Erhebungen zum Qualitätszustand von Wegen, Routen und Netzen zu schaffen. Auf dieser Basis soll ein Qualitätsmanagement der Wanderwege ermöglicht werden.
Es werden insgesamt sieben Ziele in den Leistungsbereichen Planung, Bau sowie Signalisation/Kommunikation formuliert. Für diese Ziele werden jeweils qualitative Zielzustände beschrieben, deren Erfüllung mit 0 bis 2 Punkten bewertet wird. Für signalisierte nationale, regionale und lokale Routen wird eine Punktsumme von mindestens 10 von insgesamt 14 Punkten angestrebt.
Die Ziele im Bereich Planung fordern einen hohen Abwechslungsreichtum bei der Linienführung, einen Anschluss an den öffentlichen Verkehr und die Berücksichtigung der massgeblichen Bedürfnisse und Interessen. Als sehr abwechslungsreich gilt eine Route oder eine Etappe, wenn sie im Durchschnitt drei oder mehr Abwechslungen oder Sehenswürdigkeiten pro 15 Minuten Gehzeit bietet. Der Anschluss an den öffentlichen Verkehr ist garantiert, wenn die Route bzw. Etappe beidseitig über Haltestellen des öffentlichen Verkehrs verfügt. Massgebliche Interessen sind z.B. berücksichtigt, wenn die Route einen Bezug zu nationalen Inventaren schützenswerter Ortsbilder oder historischer Verkehrswege aufweist.
Auf den Bau bezogene Ziele sind das Bereitstellen geeigneter Wegoberflächen außerhalb des bebauten Siedlungsgebiets (es sollen mindestens 90% geeignete Oberfläche verfügbar sein) sowie der einwandfreie Zustand von Wegen und Kunstbauten.
Die Signalisation umfasst das Ziel der einheitlichen und durchgehenden Signalisation gemäß Schweizer Signalisationsnorm; das zweite Ziel ist die touristische Kommunikation bzw. Vermarktung der Route. Dies ist erfüllt, wenn Informationen über den Routenverlauf, Gehzeiten, Höhendifferenzen sowie begleitende Angebote der Verpflegung und Unterkunft über mehrere Kommunikationskanäle verfügbar sind (z.B. Wanderführer, Prospekte, Internet, Informationstafeln).
Die entwickelnden Qualitätsziele schärfen das Bewusstsein für die Berücksichtigung von Belangen der Wanderer bei der Planung, dem Bau und der Signalisation und Kommunikation der Wegetappen und Routen. Sie beschränken sich auf wesentliche Zielkriterien mit anschaulichen Qualitätsstufen, mit denen die Zielerfüllung gemessen wird. Dies vereinfacht die Kommunikation zwischen den involvierten Stellen und sichert die Umsetzbarkeit des Zielkatalogs.
Das entwickelte Verfahren zur Messung des Qualitätszustandes auf Basis qualitativ definierter Qualitätsstufen je Kriterium trägt den Anforderungen an ein Qualitätsmanagement Rechnung. Es sorgt für Transparenz bei der Optimierung des Leistungsangebots im Rahmen des Prozessmodells Wanderwege. Mit dem Einbezug von drei Zielen ist der Zielbereich Planung dabei allerdings etwas stärker als die beiden anderen Zielbereiche gewichtet.
In der Empfehlung wird das Konzept der anbieterseitigen Qualitätsmessung verfolgt. Verfahren der - alternativen - nachfragerseitigen Qualitätsmessung sind in dieser Empfehlung nicht vorgesehen. Eine solche Qualitätsmessung „aus Kundensicht“ würde z.B. auf Befragungen von Wanderern basieren, in denen nach der Zufriedenheit mit dem Angebot oder nach aufgetretenen positiven und negativen „kritischen Ereignissen“ entlang der Routen gefragt würde. Denkbar wäre auch das Etablieren eines Beschwerdemanagements, in dessen Rahmen eingehende Beschwerden als Indikatoren für die Qualität der Routen und Wegetappen angesehen würden.
Qualitätsziele für Wanderwege. Materialien. Bern 2007, 22 Seiten
E. Zaugg, C. Hadorn, G. Gsponer
Hrsg.: Bundesamt für Strassen ASTRA & Schweizer Wanderwege (Bern), Gratis-download: http://www.swisshiking.ch/
Erstveröffentlichung in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Februar 2009. Der Kritische Literaturdienst Fußverkehr Krit.Lit.Fuss erscheint seit 1992 als Beilage des InformationsDienstes Verkehr IDV und nach der Namensumbenennung ab dem Jahr 2002 vierteljährlich in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung.
Autor dieser Ausgabe: Helmut Schad.
Herausgeber: FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland, Exerzierstraße 20, 13357 Berlin, Tel. 030/492 74 73, Fax 030/492 79 72, eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.fuss-eV.de
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