Rezension aus der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Ausgabe 73/2012

Ausgangslage

Teil der Kampagne „Roads to Respect“ des Europäischen Verkehrssicherheitsrats ETSC war auch ein Projekt in der Stadt Weimar: der Fußgängerüberweg Taubacher Strasse. Daniel Wanzek führte in diesem Zusammenhang eine detaillierte Analyse dieses „Zebrastreifens“ durch, identifizierte Mängel, schlug Lösungen zur Verbesserung der Situation vor und begleitete die in einer ersten Runde umgesetzten Maßnahmen.

Darüber hinaus untersuchte er weitere 22 Fußgängerüberwege in Weimar und wählte zwei Überwege für eine zusätzliche Detailanalyse aus: Belvederer Allee und Ettersburger Straße. Die Arbeit soll exemplarisch aufzeigen, wie mit solchen standortsensiblen Analysen kurz- und mittelfristige Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit und der Akzeptanz dieser Art von Querungshilfen abgeleitet werden können.

Inhalt

Die Arbeit beginnt mit einem Überblick zur Planungsgeschichte des „Zebrastreifens“ (offiziell: Fußgängerüberweg - FGÜ). Zudem werden die Hauptergebnisse wichtiger Forschungsarbeiten der letzten zehn Jahre zu FGÜ rekapituliert. Diese Ausführungen zeigen den Zwiespalt auf, in dem die Verkehrsforschung einerseits und die Behörden der Verkehrsplanung in den Gemeinden andererseits stecken. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Fußgängerüberwege eine effektive, relativ kostengünstige und auch sichere Querungshilfe darstellen können, wenn bestimmte Gestaltungselemente und begleitende Maßnahmen umgesetzt werden: z.B. Mittelinseln, eine zusätzliche Beleuchtung, das Freihalten der Sichtachsen, eine Kontrolle der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (die möglichst auf unter 50 km/h begrenzt werden sollte).

Diese Maßnahmen sind für die Verkehrssicherheit insgesamt wichtiger als die in der Richtlinie für die Anlage von Fussgängerüberwegen R-FGÜ 2001 definierten Einsatzgrenzen. Denn diese orientieren sich an den Verkehrsstärken des Fußverkehrs und des motorisierten Verkehrs, sind dabei aber so eng definiert, dass sie eine Neueinrichtung von Überwegen an vielen Stellen gar nicht mehr ermöglichen. In der Verkehrsplanung vor Ort ergibt sich zudem das Problem, dass auch die bestehenden Zebrastreifen eine Reihe der oben erwähnten Kriterien für eine hohe Verkehrssicherheit nicht erfüllen und „nachgerüstet“ werden müssten. An den 22 in Weimar untersuchten FGÜ kommen z.B. Mittelinseln und vorgezogene Seitenräume sehr selten vor.

Auch der von D. Wanzek detailliert untersuchte FGÜ an der 6,50 m breiten Taubacher Straße (mit 100 Fußgängern und rund 750 Kfz in der Spitzenstunde) weist eine Reihe von Mängeln auf: Lage hinter einer Kuppe, auf einer langen Geraden, eingeschlossen von zwei T-Kreuzungen; erkennbar nur aus weniger als 100 Metern Entfernung (dies ist unter der Mindestsichtweite, die die R-FGÜ bei 50 km/h vorschreibt). Die Ausstattung ist ohne Mittelinsel und auch nicht behindertengerecht; die Beleuchtung ist nicht ausreichend.

Die Lösungsvorschläge des Autors umfassen kurzfristige sowie mittel- bis langfristige Maßnahmen. Die meisten der kurzfristigen Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, Angaben zu den Kosten liegen deshalb vor. Vorgeschlagen wurde folgendes: Ein Zurückschneiden des Straßenbegleitgrüns, um Sicht auf Verkehrszeichen und querende Zufußgehende zu erhalten (realisiert für 200 Euro); die Installation eines Gefahrzeichens (angebracht wurde Verkehrszeichen 133 „Achtung Fußgänger“ 100 m vor dem Überweg, mit einem Galgenausleger für 300 Euro); Piktogramme 40 m bzw. 25 m vor dem FGÜ (300 Euro); die Anordnung von Tempo 30 100 m bzw. 50 m vor dem FGÜ; das Absenken der Bordsteine auf 3 cm (1.500 Euro); die Installation einer Geschwindigkeitsanzeigetafel an einer Straßenlaterne (ca. 2.500 Euro); die Verbesserung der Beleuchtung am Zebrastreifen (500 Euro).

Ein beleuchteter Peitschenmaste mit dem Richtzeichen 350 „Fußgängerüberweg“ konnte nicht eingerichtet werden, da wegen vorhandener Leitungen ein Platz für die Fundamente nicht zu finden war. Mit den realisierten Maßnahmen ist die Kfz-Geschwindigkeit an diesem FGÜ deutlich gesunken (auf V85 von 40 km/h).

Als weitere Empfehlungen schlägt D. Wanzek vor, die Einsatzgrenzen für Fußgängerüberwege zu überarbeiten, damit wieder vermehrt Überwege eingerichtet werden, denn deren Vorkommenshäufigkeit steigert nach einer difu-Studie die Verkehrssicherheit. Zudem sollen die Belange von älteren und mobilitätseingeschränkten Zufußgehenden in Form einer barrierefreien Gestaltung berücksichtigt werden.

Besondere Bedeutung misst er auch der Öffentlichkeitsarbeit bei. Erwähnt werden das Karlsruher 12-Schritte-Programm des Didaktikmodells „Verkehrserziehung vom Kinde aus“ und das Pilotprojekt „Kinderzebrastreifen“ des ADAC, in dessen Rahmen Kinder in Köln Zebrastreifen mitgestalten konnten. Betont wird auch die Notwendigkeit von Vorher-Nachher-Analysen zu realisierten Verkehrssicherheitsmaßnahmen.

Bewertung

Die vom Autor entwickelten Vorschläge zur Erhöhung der Verkehrssicherheit gründen sich auf Auswertungen von Unfalldaten, aber auch systematische Vor-Ort-Analysen zu Lage, Bau, Beleuchtung und Sichtbeziehungen an FGÜ. Diese Vorgehensweise kann gut auf andere Städte übertragen werden. Die exemplarisch für drei FGÜ formulierten Lösungsvorschläge zeigen die Vielfalt der möglichen Verbesserungsmaßnahmen und die überwiegend geringen Kosten von kurzfristig zu realisierenden Maßnahmen auf. Es wird aber auch deutlich, dass ein nennenswerter Teil der FGÜ in der Stadt Weimar einer Verbesserung bedarf. Die unterbreiteten Empfehlungen sind gut nachvollziehbar, was auch an den einbezogenen Fotos und den Perspektivskizzen liegt.

 

Titel:

Verkehrssicherheit an Fussgängerüberwegen in Weimar. Studienarbeit, Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Bauingenieurwesen. Weimar 2012, 126 S.

Verfasser:

Wanzek, Daniel

Bezug:

Beim Autor: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Impressum:

Erstveröffentlichung in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, November 2012. Der Kritische Literaturdienst Fußverkehr Krit.Lit.Fuss erscheint seit 1992 als Beilage des InformationsDienstes Verkehr IDV und nach der Namensumbenennung ab dem Jahr 2002 vierteljährlich in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung.

Autor dieser Ausgabe: Helmut Schad.

Herausgeber: FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland, Exerzierstraße 20, 13357 Berlin, Tel. 030/492 74 73, Fax 030/492 79 72, eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.fuss-eV.de

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