Nachdem im letzten Jahr die Unfälle mit Personenschäden bundesweit und auch in den meisten Städten deutlich zurückgingen und dies als Erfolg der Verkehrssicherheitsarbeit dargestellt wurde, wird das Jahr 2011 leider wieder mit einer erheblich höheren Anzahl auch tödlich verunglückter Fußgänger abschließen. Für 2011 prognostiziert das Statistische Bundesamt im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg der tödlich verunglückten Fußgänger um knapp 25 %.

Seniorin steht auf einer Mittelinsel vor großem Lkw
Foto: Bernd Herzog-Schlagk

Nach Auffassung von FUSS e.V. sind Fußgängerunfälle nur zu reduzieren, wenn im Stadtverkehr die Kraftfahrzeuge eine der Situation angemessene Geschwindigkeit einhalten. Dafür müsse die Regelgeschwindigkeit innerorts auf Tempo 30 (mit Ausnahmen) harmonisiert werden.

Dies hatte schon im letzten Jahr der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in aller Deutlichkeit empfohlen, "Tempo 30 als innerstädtische Regelgeschwindigkeit anzustreben ... und umzusetzen." Die gleiche Forderung hatte vor langem bereits der Deutsche Städtetag erhoben und in diesem Jahr hat das Europäische Parlament nachgezogen, weil die von allen europäischen Staaten verfolgte Halbierung der Verkehrstoten im Zeitraum zwischen 2001 und 2020 anders nicht zu erreichen ist. Das im November diesen Jahres vom Bundesverkehrsministerium präsentierte "Verkehrssicherheitsprogramm 2011" enthält dagegen keine Aussage zur Eingrenzung der Unfallursache Nr. 1, der unangepassten Geschwindigkeit. Es enthält auch keine Aussagen über notwendige Maßnahmen zur Verringerung von Fußgänger-Verkehrsunfällen.

Nach Auffassung von Stefan Lieb vom FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland "blockt damit die Bundesregierung wider besseren Wissens Maßnahmen ab, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen Menschenleben retten und vor Verletzungen bewahren würden. Das ist ein untragbarer Zustand." Seit 2009 sei in der in der Verwaltungsvorschrift zur StVO geregelt, dass die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer vor dem Erhalt der Flüssigkeit des Kfz-Verkehrs z.B. mit "Grünen Wellen" steht.

Nach Ansicht der Fußgänger-Lobby sind derzeit keine Ansätze erkennbar, die dazu führen könnten, die Fußgängerunfälle in einem nennenswerten Maße zu reduzieren. Voraussetzungen wären neben der geringeren Geschwindigkeit des motorisierten Individualverkehrs die Vermeidung sogenannter "bedingt verträglicher Konflikte" an Lichtsignalanlagen (zu kurze Grünzeiten, gleichzeitiger Abbiegeverkehr, etc.), die in einem erheblichen Maße zum Unfallgeschehen beitragen. Darüber hinaus fordert FUSS e.V. deshalb Analysen und Beobachtungen an Querungsstellen (Fußverkehrs-Audits), um Maßnahmen vor einem Unfall durchführen zu können und nicht erst, wenn die Kreuzung bereits zu einem Unfallschwerpunkt geworden ist. "In sehr vielen Fällen", so Lieb, " reicht eine Verbesserung der Sichtbeziehung zwischen den Verkehrsteilnehmern aus, um das Unfallrisiko zu vermindern. Man muss das nur umsetzen!"

Anmerkung:

"Die Flüssigkeit des Verkehrs ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer der Flüssigkeit des Verkehrs vor."

Der zweite Satz wurde aufgrund der Lobbyarbeit des FUSS e.V. in die StVO-Novellierung erst im Jahr 2009 neu aufgenommen. Dieser Absatz steht allerdings nicht an einer zentralen Stelle, sondern in der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) zu §§ 39 bis 43 Allgemeines über Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen Ziffer I., Nummer 2. (Randnummer 4).

 

Pressemitteilung des
FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland
vom 12. Dezember 2011