Seit 1992 in Bad Sobernheim der erste Barfußpfad Deutschlands eingerichtet wurde, wächst das Interesse an dieser naturverbundenen und gesunden Freizeitmöglichkeit von Jahr zu Jahr. Eine aktuelle Bestandsaufnahme im Internet zeigt, dass es heute im deutschsprachigen Raum inzwischen etwa zwei Dutzend Rundwanderwege von 1 bis 4 km Länge gibt, die eigens für das Barfußlaufen eingerichtet und mit phantasievollen Erlebnisstationen ausgestattet wurden. Diese abwechslungsreichen Einrichtungen werden von örtlichen Initiativen liebevoll instandgehalten und präsentieren sich als lebenslustige Alternativen zum ermüdenden Laufen auf Schotter- und Asphaltwegen. Und der Besucherzustrom ist beachtlich – einige Barfußparks geben an, hunderttausend Besucher im Jahr zu haben. Dies ist ein Anzeichen, dass der Trend der Freizeitbedürfnisse wieder zurück zu den Wurzeln der Natürlichkeit geht.

Eine Darstellung der bekanntesten Barfußpfade in Wort und Bild und eine Informationsbasis für Planung und Realisierung bietet die Seite www.barfusspark.info

Gehen ist gesund

  • Gehen stimmt die Haltemuskulatur des Körpers auf schmerzfreie Funktion ein.
  • Gehen ist der ideale Ausgleich für unsere rückenschädigende sitzende Lebensweise.
  • Als sanftes Ausdauertraining wirkt Gehen den Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkankungen entgegen – es senkt den Blutdruck und reguliert den Fettstoffwechsel.
  • Bewegung im Freien steigert die Durchblutung und stärkt die Abwehrkräfte, insbes. gegen Erkältungskrankheiten.
  • Gehen reguliert den Hirnstoffwechsel, es werden verstärkt Endorphine („Glückshormone“) gebildet und die Stimmung hellt sich auf.
  • Zeit für Gespräche beim gemeinsamen Gehen verbessert die sozialen Beziehungen.

Gehen auf Naturboden ist gesünder

  • Die gesundheitsfördernden mechanischen Einwirkungen beim Gehen sind viel intensiver als auf Asphalt oder eingeebnetem und verdichtetem Schotterbelag.
  • Insbesondere die Füße und der Rücken werden dadurch gestärkt, dass ihnen die Unebenheiten den Boden Beweglichkeit abverlangen.
  • Der Spaß am Laufen auf naturbelassenen Pfaden regt vor allem Kinder zum ausdauernden Laufen an, wodurch die o.g. günstigen Wirkungen viel stärker zum Tragen kommen.

Barfußgehen auf Naturboden ist am gesündesten

  • Das optimale Training der Fußmuskulatur wird erreicht, wenn der Komfort der Schuhe wegfällt. Die durch regelmäßiges Barfußgehen erworbene Muskelspannung stützt das Fußgewölbe und verhindert den Senk- und Spreizfuß und daraus entstehende Fußschäden.
  • Die ideale Abrollbewegung, die sich beim Barfußgehen von ganz alleine entwickelt, gibt der Rückenmuskulatur entscheidende Steuerimpulse zur Schonung von Wirbelgelenken und Bandscheiben.
  • Barfußlaufen verhindert Blutstau in den Beinen. Der Wadenmuskel kann seine Wirkung als Blutpumpe uneingeschränkt entfalten. Deshalb wird barfüßiges Bewegungstraining als Heilmethode gegen Venenleiden eingesetzt.
  • Die Durchblutung wird gesteigert, Kältereize kurbeln die Wärmeproduktion im Körper an. Dieser „Kneipp-Effekt“ schützt vor Erkältungskrankheiten und wurde früher sogar zur Behandlung von Tuberkulose genutzt – u.a. hat Kneipp damit sein eigenes Leben gerettet.
  • Antidepressive Endorphine, die Ruhe, Selbstvertrauen und Ausgeglichenheit erzeugen, werden durch mechanische Reizung von Rezeptoren der Fußsohlen verstärkt gebildet.
  • Ein gemeinsamer Barfußausflug wird in der Regel als ein intensives und erfüllendes Gruppenerlebnis erfahren, er wird als gemeinsames Abenteuer erlebt und lässt die Teilnehmer schnell eine gemeinsame Wellenlänge finden. Barfußgehen in der Natur findet im „Hier und Jetzt“ statt und ermöglicht wohltuendes Abschalten von den Alltagsproblemen.

Der Umweltsinn sitzt in den Fußsohlen

Der sanfte Tritt unserer weichen Fußsohlen schädigt weder Vegetation noch Untergrund und erschreckt unsere Mitgeschöpfe nicht durch Lärm. Ohne Schuhe erwacht auch in uns der angeborene Umweltinstinkt naturverbundener Kulturen:

  • Ein Barfußgeher hält Blickkontakt zum Untergrund und bekommt deshalb sehr viel über seine Beschaffenheit mit. Tiere und Pflanzen bemerkt er, bevor er sie zertreten würde.
  • Ohne Schuhe respektiert man Dornen und scharfe Blattkanten, mit denen sich empfindliche Biotope gegen Eindringlinge wehren.
  • In der Natur Scherben und Müll zu hinterlassen, kommt für Barfußläufer nicht in Frage.
  • Barfuß erleben wir versiegelte Böden aus Asphalt und Beton als unsympathisch und werden dadurch für das Problem der Flächenverbrauchs sensibilisiert.
  • Eine gute Beziehung zu Mutter Erde lebt von der abwechslungsreichen Erfahrung des direkten Kontakts.

Deshalb hat es eine gute Tradition, Naturerlebnisführungen für barfüßige Teilnehmer anzubieten – sei es im Wald, im Moor oder im Wattenmeer. Insbesondere in sensiblen Bereichen kann man sich sicher sein, dass sich die Besucher eingedenk der eigenen Verletzlichkeit sehr umsichtig bewegen. Barfußlaufen lässt uns den notwendigen Respekt vor der Natur sinnlich erleben.

„Barfuß im Park“

Was ist ein Barfußpark?

Ohne viel Nachdenken über die o.g. Argumente haben viele Leute, insbes. die meisten Kinder, ganz einfach Spaß am Barfußlaufen. Auf den Schotter- und Verbunddecken, die inzwischen leider 65 % des deutschen Wanderwegeangebots ausmachen, kann man dies natürlich nicht beobachten. Doch die Möglichkeiten, die die Barfußparks im deutschsprachigen Raum seit einigen Jahren bieten, werden begeistert angenommen.

Eine offizielle Definition des Begriffs Barfußpark existiert bislang nicht; in diesem Artikel werden darunter Einrichtungen verstanden,

  • die Laufen auf naturbelassenen Böden ermöglichen,
  • in deren Verlauf Fühlstrecken mit unterschiedlichen Materialien für Abwechslung sorgen,
  • die durch Erlebnisangebote wie Balancierstationen, Kneippmöglichkeiten, Bachdurchquerungen, Hängebrücken etc. bereichert werden,
  • die regelmäßig kontrolliert und instandgehalten werden, so dass man sie jederzeit gefahrlos und mit ungetrübtem Vergnügen nutzen kann.

In diesem Sinne macht es keinen Unterschied, ob ein solches Angebot bescheiden „Barfußpfad“ oder werbewirksam „Barfußpark“ genannt wird. Wesentlich ist, dass den Besuchern abwechslungsreiches Barfußgehen als natürliches Freizeitvergnügen ermöglicht wird.

Aufwand

Idealerweise hat man ein geeignetes Gelände mit bereits vorhandenen naturbelassenen Pfaden und ggf. auch einem zum Wassertreten geeigneten Gewässer zu Verfügung. In diesem Fall kann eine kleine Gruppe, die ehrenamtlich ein paar Dutzend Arbeitsstunden aufbringt und wenige Tausend Euro zur Verfügung hat, schon eine attraktive Lösung verwirklichen. Größere Kosten entstehen, wenn man alles aus dem Boden stampfen muss und aufwändigere Erlebnisangebote wie Hängebrücke, Wasserspielplatz, Kneipp-Anlage einbeziehen will.

Der Wartungsaufwand für einen Barfußpfad ist nicht groß, aber unverzichtbar. Für Inspektionen mit kleineren Reparaturen, die zweimal pro Woche (bei starkem Besucherandrang 1x pro tausend Besucher) erfolgen sollten, ist eine halbe Arbeitsstunde pro Kilometer einzuplanen. Eine spezielle Kur- und Spielausstattung erfordert Zusatzaufwand.

Nutzen

Ein erheblicher Teil der Bevölkerung erkennt ganz offensichtlich den gesundheitlichen Nutzen und Freizeitwert der Barfußparks. So wird aus Dornstetten ein deutlicher Anstieg der Übernachtungen seit Eröffnung der Anlage berichtet. In einigen Fällen werden Barfußpfade als Werbemittel eingesetzt, z.B. um einem Autohof an einer etwas abgelegenen Ausfahrt Besucher zuzuführen oder als Anreiz, mit einer Bergbahn zu einem „alpinen Barfußweg“ zu fahren. Doch in erster Linie ergibt sich der Sinn der Barfußparks aus dem gesundheitlichen Nutzen, der Naturerfahrung und der sozialen Komponente des „Lebens auf freiem Fuß“.

Gütekriterien für Wanderwege

Die Gütekriterien für Wanderwege der Initiative „Wanderbares Deutschland“ kommen auch dem vielfältigen Interesse am Barfußlaufen in der Natur entgegen, denn ausreichend lange Abschnitte von naturbelassenen Erdwegen und Pfaden gehen positiv in die Bewertung ein. Für die Anbieter von Wanderwegen besteht somit der Anreiz, auf Teilstrecken das Laufen auf Naturboden anzubieten. Notwendige Nachbesserungen dieser Wege können z.B. problemlos mit Holzschnitzeln und/oder Rindenmulch anstelle von Schotter erfolgen und so den Naturbodencharakter erhalten. Sowohl mit Schuhen als auch barfuß ist das ein besonders angenehmer Untergrund zum Wandern.

Am Beginn längerer Naturbodenabschnitte wäre der Hinweis auf eine längere durchgehende Barfußstrecke hilfreich. So mancher Wanderer lässt gerne seine Schuhe im Rucksack verschwinden, wenn er weiß, dass er ein schönes Wegstück zum Barfußlaufen vor sich hat. Zusätzlich könnten kostengünstige und pflegeleichte Fühl- und Erlebnisstationen an den barfuß begehbaren Wegabschnitten eingerichtet werden. Vor allem Leute, die Barfußparks schon durch eigenes Erleben kennen (das sind mit Sicherheit mehr als eine Million Deutsche), werden durch ein solches Angebot unmittelbar angesprochen. Hierin liegt eine Möglichkeit, Wandern mit geringem Aufwand um eine schöne Facette reicher zu machen – eine Chance, die darauf wartet, genutzt zu werden.

Weitere Informationen:

  • Kinder machen Fußgymnastik, Barbara Köhler und Heidi Reber, Ferdinand Enke-Verlag Stuttgart, 4. Auflage 1998.
  • Wanderbares Deutschland – Qualitätsoffensive Wandern, Autor Rainer Brämer, Herausgeber Deutscher Tourismusverband e.V. und Deutscher Wanderverband e.V., 1. Auflage 2003.
  • www.barfusspark.info und darin zitierte Webseiten der Betreiber von Barfußpfaden

 

Dieser Beitrag von Dr. Lorenz Kerscher, Herausgeber des Newsletters Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, erschien in der Dokumentation: Zu Fuß für Umwelt und Gesundheit – 30 Beiträge vom 2. FUSS-Botschaftertreffen am 10. und 11.10.2003 in der Lutherstadt Wittenberg, FUSS e.V. (Hrsg.), Berlin 2004

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